Anmerkungen zum Metallhandel im Altertum

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Anmerkungen zum Metallhandel im Altertum

Beitragvon Pitassa » 14.12.2022 15:08

Es gab seit dem ausgehenden Chalkolithikum (3400 - 3750 v.Chr.) offenbar eine Metallscheide zwischen Orient und Okzident. Zumindest seit der Zeit Sargons von Akkad (ca. 2356 - 2279) wurde in Luristan etwa Kupfer aus anderen, entfernten Quellen bezogen. Während die Assyrer die benachbarten, großen Lagerstätten in Isuwa (Ergani Maden) seither nicht mehr erreichen konnten, bezogen die zunächst in Alaca Höyük residierenden Hethiter ihr Kupfer nun regelmäßig von dort :

https://www.academia.edu/1185595/Isotop ... paper&li=0

Siehe dazu auch Andreas Hauptmann, Günther Wagner et alias, S. 45, Fig. 1 u. S. 62, fig. 7 :

https://persee.fr/doc/paleo_0153-9345_2 ... _28_2_4745 (Fund- und Lagerstätten)

Sowie Günther Wagner und Önder Öztunali (Kartenmaterial zu den Lagerstätten) in :

https://www.academia.edu/2922004/Anatolian_Metal_1 (S. 31 - 68 : Prehistoric copper sources)

sowie den Download : https://journals.ub.uni-heidelberg.de/i ... 9320/62650

Bernhard Hänsel nennt hier in Bezug auf das Kupfer jedoch eine Lagerstätte in Zypern, was ein Irrtum ist, denn es wurden hier in unzulässiger Weise einfach die Datensätze des Schiffes vom Kap Gelidonya übertragen, was später von Stos-Gale zu Recht als fehlerhaft kritisiert wurde.

Beim Zinn weisen die hethitischen Keilschrifttafeln den gleichen Zug auf. Es ging kein Zinn in den Osthandel und es wurde fast nie welches über diesen bezogen (siehe dazu u.a. Albrecht Götze).

Auch in römischer Zeit wurde mit dem Orient zumeist nur "wenig Zinn" gehandelt, wie beispielsweise aus dem Periplus des Arrian von Alexandrien (ca. 95 - 175 n. Chr.) § 7 hervorgeht, sodass der eigentliche Bedarf zumeist also weiter über eigene Gruben abgedeckt wurde. Die größten römischen Schiffe stießen entsprechend § 56 um diese Zeit jedoch erstmals nach Malaysia vor, von wo aus sie auf dem Seeweg erhebliche Mengen an Zinn und Antimonium einführten. Das im Periplus des Arrian in § 8 genannte "Malao" wird hier mit dem an der Straße von Malakka gelegenen Malaysia identifiziert. Es gab eine Diskussion zur Entfernung dieses Hafens. wie Fabricius S. 46 zeigt. Vermutlich gab Arrian die Entfernung von Indien nach Malao ursprünglich mit 8.000 Stadien (1487 km) an, wie Karl Müller vermutete. Der von Arrian benutzte Terminus für "Zinn" ist "Kassiteros". Für den Landweg ließen sich in Dura Europos und Palmyra für die römische Zeit bislang keine ähnlichen Zeugnisse beibringen, weshalb davon ausgegangen werden darf, dass es auf diesem auch damals noch keinen nennenswerten Zinnhandel mit dem Orient gab.

https://www.archive.org/details/derperi ... ew=theater

Für die römische Zeit lässt auch die Übersetzung des Fabricius § 7, S. 44 - 45 zunächst einmal nur wenig Spielraum für einen nennenswerten Zinnhandel mit dem Orient, sodass also davon ausgegangen werden darf, dass strategisch bedeutende Rohstoffe - wann immer möglich - weiterhin in den eigenen Lagerstätten gewonnen wurden und diese befanden sich in Britannien. Fabricius § 56, S. 96 - 97 zeigt aber zudem, dass in der Zeit des Arrian erstmals ein Zinnhandel mit Malaysia (Malao) eröffnet wurde, wobei Rom als Importeur auftrat. Der Metallhandel zwischen Orient und Okzident scheint sich im übrigen aber vornehmlich auf den Tausch von Gold und Silber beschränkt zu haben, wobei das Silber in den Lagerstätten des Okzidents gefördert und vornehmlich an der Levante gegen Gold getauscht wurde. Das Wertverhältnis zwischen Gold und Silber war aufgrund von unterschiedlichen kulturellen Präferenzen im jeweiligen Kulturkreis stark unterschiedlich bewertet und der Tauschhandel damit daher überaus lukrativ.

Der phönizische Metallhandel ist meines Erachtens gesondert zu betrachten. Für die Zeit zwischen 1100 - 332 v. Chr. betrieben die Phönizier einen schwunghaften Metallhandel. Dabei nahm die Kolonie Karthago sehr bald eine zentrale Position ein. Karthago übte ab ca. 530 v. Chr. dann sogar die Herrschaft über das westliche Mittelmeer aus und erwarb für sich das exklusive Recht, allein in Britannien Zinn laden zu dürfen. Davon ausgenommen waren nur Einheimische und deren direkte Anrainer. Phönizien importierte seine Metalle demnach vornehmlich aus dem Westen und exportierte sie in das Neuassyrische, zuletzt dann in das Persische Reich. Das Kupfer wurde häufig im südlichen Iberien, das Zinn fast ausschließlich in Britannien erworben. Die um 425 v. Chr. erfolgte Fahrt des Himilko zur Bretagne und in die Nordsee, sowie irische See, zeigt ungefähr den Zeitpunkt an, an welchem Karthago begann, direkt und ohne Zwischenhändler im Zinnhandel zu agieren. Die etwa zeitgleiche Fahrt des Hanno führte ebenfalls durch die Straße von Gibraltar, welche zu dieser Zeit für griechische und römische Schiffe bereits gesperrt war, wie Diodor, Virgil und Avienus berichten.

https://de.wikibrief.org/wiki/History_of_Carthage

Diese Angaben zu den wesentlichen Entwicklungen im Metallhandel des Altertums lassen sich durch diverse Fachbeiträge zum Thema ergänzen, insbesondere auch seitens der Archäologie und Archäometallurgie.

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