von Blattspitze » 04.02.2012 13:38
Hmm, hier geht`s doch um die Besonderheit und Problematik von insitu -Rekonstruktionen?
Das 1:1 Modelle unabhängig vom konkreten Standpunkt von unterschiedlicher Qualtät sein können, ist klar. Jedes Modell und ausnahmslos alle Rekonstruktionen sind aufgrund zahlreicher zwangsläufig sichtbarer und potentiell unbekannter "authentischer" Details, dem Wissen, Können und Geldbeutel der Modellbauer u.a. angreifbar und daher dankbare Zielscheiben.
Oder hat es etwas mit der Fein- bzw. Grobkörnigkeit der Befund-Matrix zu tun?
Aus konservatorischen Gründen werden hier insitu- 1:1 -Modelle abgelehnt, der Original-Befund soll geschützt und erhalten bleiben.
Welche Befunde sind denn erhalten, bei z.B. komplett ausgegrabenen Bodenverfärbungen? Wenn in die dokumentierten und ausgeräumten Pfostengruben-Hohlformen neue Pfosten gesetzt werden? Eher unspektakulär.
Zu fordernde Vorgabe wäre demnach, dass alle neuen (Re-)Konstruktionselemente nur in Befundfreie, zuvor dokumentierte ausgegrabene Bereiche gesetzt werden dürfen.
Erhaltene Mauerfundamente z.B. römischer Siedlungsreste oder Trockenmauern und Orthostaten von Megalithgräbern, sind, wenn im Ausgrabungsgang nach Doku vollständig abgeräumt wieder exakt in die Original-Fundlage zu setzen? Oder dürfen Trägersteine wieder aufgerichtet, Fundamente kleinräumig ergänzt werden?
Neue Decksteine oder eine neue hohe Wand auf dem Originalfundament werden hier aus konservatorischen Gründen abgelehnt, man kann nicht mehr vor Ort mit neuen Fragen prüfen, und die Originalsubstanz könnte leiden. Hier ist meiner Ansicht nach im jeweiligen Einzelfall die Vorgehensweise abzuwägen und zu entscheiden.
Auseinandergeflossene Grabhügel dürfen meines Erachtens nach Grabung insitu derart hergestellt werden, dass erkannter Rand, Bedeckung und eine ermittelte Höhe, die bestimmt unsicherer ist, rekonstruiert werden.
Ulfr:
> In Anbetracht der Tatsache, dass Gebäude(re)konstruktionen in den allermeisten Fällen sowieso nur einen Annäherungsversuch an die damalige Realität darstellen, sind "in situ"-Konstruktionen dazu geeignet, Annahmen in gefühlte Fakten zu verwandeln, weil das Konstrukt auf einer echten Fundstelle entsteht und damit den Zauber des Originalen annimmt.
Die echten Gefühle sind aber auch der einzige Unterschied, denn ansonsten gilt dies für alle Annäherungsversuchs -Rekonstruktionen und -Modelle. Besonders auch für Dioramen, deren "Gefährlichkeit mit dem Grad der Detaillierung steigt", wie G. Körner es einmal ausdrückte.
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Wie gesagt, ich bin zunächst einmal für Rekonstruktionen ...
Im Zweifelsfall ist mir ein mit einem schlechten 1:1 Modell überbauter Originalbefund übrigens lieber als ein neues Industriegebiet an gleicher Stelle ..., wobei, all die Arbeitsplätze ...
"Der Jammer mit den Weltverbesserern ist, daß sie nicht bei sich selber anfangen." Mark Twain