Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

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Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 28.08.2022 17:41

Nach Moosbrugger-Leu [1] weist der Grundriss eines bandkeramischen Langhauses in Köln-Lindenthal (um 3000 v. Chr) auf die Anwendung der seit dem Altertum weitverbreitet bekannten 12-Streckenschnur hin (auch - je nach Knotung häufig 12-Knoten-Schnur genannt). Aus arithmetischem Aufbau und Anwendung der 12-Strecken-Schnur resultieren spezifische Proportionen.

siehe zum Thema Vermessungstechnik im Altertum und Anwendung der 12-Strecken-Schnur und zum potenziellen Aufriss des Langhauses auch: viewtopic.php?f=22&t=6674

Zum Thema Vermessungstechnik im Mittelalter ist der fundierte Artikel von Moosbrugger-Leu sehr empfehlenswert.


Quellen:

[1] Mittelalter: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins. Band (Jahr) 5 (2000), Heft 1, PDF erstellt am: 05.08.2020, (persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-165007), ein Dienst der ETH-Bibliothek, Zürich / Schweiz, 2020: Moosbrugger-Leu: Die Schnurvermessung im mittelalterlichen Bauwesen, 2000
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Einmessung mit 12-Strecken-Schnur nach Moosbrugger-Leu und Variationen.jpg
Abb. 8: Einmessung mit 12-Strecken-Schnur nach Moosbrugger-Leu (und Variationen)

Informationen für Abb. I; II und III nach Moosbrugger-Leu (vorbehaltlich möglichen und noch zu klärenden Irrtümern zur Datierung bei Abb. II)

Quelle [Moosbrugger-Leu, A6]: Mittelalter: Zeitschrift des Schweizerischen Burgenvereins. Band (Jahr) 5 (2000), Heft 1, PDF erstellt am: 05.08.2020, (persistenter Link: http://doi.org/10.5169/seals-165007), ein Dienst der ETH-Bibliothek, Zürich / Schweiz, 2020: Moosbrugger-Leu: Die Schnurvermessung im mittelalterlichen Bauwesen, 2000
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon enrohs » 28.08.2022 19:58

Hallo,
da mag ja etwas dran sein. Aber mit einem Hausgrundriss ist diese Information eigentlich sinnlos. Wenn alle Hausgrundrisse darauf basieren würden, das wäre etwas!
(Linienbandkeramischer Hausgrundriss 3000 v.Chr?, soll sicher 5000 heißen.)
Viele Grüße
Sven
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 29.08.2022 05:04

Hallo Sven,

ich finde Deinen Einwand sehr interessant.
Ich glaube kaum, dass sich solche Einmess-Strategien auf jedes altertümliche Langhaus herunterbrechen lässt, ganz im Gegenteil.

Zur Datierung kann ich nur zitieren, was Moosbrugger-Leu schrieb. Die Bildunterschrift im Script ist zwar in schlecht leserlicher kursiver Mikroschrift verfasst; es steht dort dennoch "um 3000 v Chr."

Die Bandkeramiker sind nicht meine Baustelle.
Wie kommt es zu einer solchen Diskrepanz von gleich 2000 Jahren?
Viele Grüße,

:mammut1:
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon enrohs » 29.08.2022 16:44

Sculpteur hat geschrieben:Hallo Sven,

Wie kommt es zu einer solchen Diskrepanz von gleich 2000 Jahren?
Viele Grüße,

:mammut1:


Hallo,

zu dieser Zeit gab es keine Linienbandkeramik mehr. Sie datiert ganz grob zwischen 6000 und 4000 v.Chr.. Und um 5000 dürfte so der Höhepunkt sein, natürlich regional verschieden.

Viele Grüße

Sven
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 29.08.2022 17:20

Hi Sven,

vielen Dank für die Info!

Dann habe ich entweder einen Knick in der Optik(trotz überprüfung mit 20-facher Vergrößerung; es ist eine wirklich schlecht leserliche Mikroschrift in schlechtem Zustand) oder ich muss mal beim Herausgeber nachhaken, wie der Autor damals auf eine Einordnung um 3000 v. Chr. kam... - es steht im Script nach meinem Dafürhalten aber tatsächlich eine 3 vor den drei Nullen.

Grüße, :18:
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon ulfr » 29.08.2022 23:06

Da steht eindeutig die Zahl 3000, aber die ist, wie Sven schon schrub, nicht korrekt.
Die 12-Strecken-Schnur ist allerdings eine feine Sache, ich habe bisher die Grundrisse aller Häuser, die ich gebaut oder geplant/ausgesteckt habe, so in den rechten Winkel gebracht. Einfacher gehts nicht.
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 30.08.2022 06:10

Danke für die Bestätigung, Ulfr.

Auf die Idee, im PDF nachzusehen, war ich noch gar nicht gekommen :4:

Ja, der Einmesstrick mit den 3 : 4 : 5 Strecken ist wirklich praktisch. Deshalb Frage ich mich, warum noch niemand 12-gliedrige Meterstäbe vermarktet und die Meterstäbe 2,40 Meter lang produziert oder wenigstens bei herkömmlichen Meterstäben zusätzliche Gelenke bei jeweils 30 und 50 Zentimeter produziert (mir sind solche baumarktüblichen Meterstäbe jedenfalls nicht bekannt).

Auch das Erlernen der spezifischen arithmetischen Zahlenreihen in der Berufsschule statt so manch anderen (sinnlosen) Inhalten hätte im Berufsleben doch so manche Situation erleichtert (ich hoffe, ich habe keinen versehentlichen Fehler eingebaut):

z.B.

[u]Reihenentwicklung summarisches Tripel 3 : 4 : 5[/]

a : b : c

(einfach und folgend verdoppelt)
3 : 4 : 5
6 : 8 : 10
12 : 16 : 20
24 : 32 : 40
48 : 64 : 80
... : ... : ...

(zweifach und folgend verdoppelt)
6 : 8 : 10
12 : 16 : 20
24 : 32 : 40
48 : 64 : 80
... : ... : ...

(fünffach und folgend verdoppelt)
15 : 20 : 25
30 : 40 : 50
60 : 80 : 100

(zehnfach und folgend verdoppelt)
30 : 40 : 50
60 : 80 : 100
120 : 160 : 200
... : ... : ...

und viele andere...
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon ulfr » 30.08.2022 23:00

Die Idee mit dem Meterstab ist nicht schlecht, aber in den Maßstäben, in denen ich arbeite, nicht wirklich praktikabel. Für ein 30 m langes Langhaus braucht man einfach Strecke für den rechten Winkel - 3 + 4 + 5 m sind genau richtig, kürzer wird zu ungenau.
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 31.08.2022 03:32

Und wie gehst Du dabei vor? Nimmst Du Schnüre oder Strick oder oder eingemessene Latten?
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon ulfr » 31.08.2022 09:14

Ich nutze eine dünne Schnur von 12 m Länge mit Markierungen bei 3 und 7 m und drei dünne Holzpflöcke. Einen Pflock an der vorher grob ausgesteckten Hausecke oder der Mittelachse einschlagen, 3 m Markierung anlegen, die 4 m Strecke in etwa im rechten Winkel auslegen, die 5 m Strecke (Hypothenuse) zum Ende der Schnur führen, alles schön gerade ziehen, Pflöcke einschlagen, fertsch.
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 31.08.2022 09:21

Super, sehr vorbildlich! :D

Ich persönlich finde auch die Möglichkeit, eine Quadratefigur als Näherungslösung für kleinere Flächen mit einer z.B. 12 Meter langen Schnur mit Markierung bei 5 Meter durchzuführen sehr interessant und praktisch (z.B. für Pflasterarbeiten etc.). Das resultierende Proportionsprinzip entspricht 1 : Quadratwurzel aus 2:

(für 12-Streckenschnur mit Markierung bei 5 Meter)
1.) 12-Streckenschnur bei Markierung 5 Meter anpflocken
2.) die beiden entstehenden Schnurenden von 5 und 7 Meter wie Schnurzirkel verwenden und so einen Kreisring aufreissen.
3.) In den Kreisring die Sehnen einer Quadratfigur aufreissen. Jede Sehne der Figur schneidet, bzw. punktberührt dabei an den Enden jeweils die äußere Kreisfigur und tangiert in ihrer Mitte den inneren kleineren Kreis. Funktioniert i.d.R. mit ein bisschen Vermitteln unter Verwendung z.B. gespannter Schnüre oder z.B. einer langen geraden Latte sehr gut.
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon LS » 02.09.2022 17:12

Die Diskrepanz der LBK-Datierung kommt sicher daher, dass es vor Entdeckung der 14C-Methode diesen Datierungsansatz (um 3000 v. Chr.) gab und die referenzierte Literatur R. Helm (1952) ist. Pech für den Autor aus dem Jahre 2000, der sich mit der Datierungsfrage offenbar nicht weiter beschäftigt hatte...

Und die LBK (kurz auch "Bandkeramik" genannt) datiert zwischen 5500 - 4900 v. Chr. Das ist hier das archaeoforum, daher will ich grobe Fehler nicht so unkommentiert stehen lassen.

Leute von der "alten Garde", wir müssen hier wohl mal wieder etwas mehr Input zeigen... ;)

Gruß Leif
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Re: Grundriss bandkeramisches Langhaus Köln-Lindenthal

Beitragvon Sculpteur » 02.09.2022 19:12

Da wird sich wohl noch so mancher Autor auch zukünftig sinnbildlich im Grabe umdrehen und denken: "Hätte ich doch nur etwas gründlicher gelesen oder später veröffentlicht..."
(Es scheint sich um das ganz normale "Berufsrisiko" eines schreibenden Forschenden zu handeln.)
:sondler:

Fraglich nur, warum es keine "Offensive" zu geben scheint, die sich darum kümmert, solche Klopper in der Fachliteratur asuzumerzen und in Makulatur umzuwandeln.

Das Problem ist doch, dass gerade in der Mainstream-Presse (und nicht nur dort, sondern auch in Fachkreisen) fröhlich abgeschrieben wird, was das Zeug hält und was die oberflächliche Recherche eben hergibt (Man muss halt täglich schlagzeilenträchtig was zu berichten haben, ein Berufsethos der nicht zu beneiden ist).

Ich stelle ja selbst ständig fest, dass eine einzelne gut sortierte Bibliothek (wenn man den eine in der erreichbaren Nähe hätte), deren Bücher man niemals allesamt lesen (oder allerhöchstens oberflächlich sichten kann), nicht ausreicht, um wirklich alle Fakten und Meinungen berücksichtigt zu haben.

Ich fand heute beim ausgedehnten Spaziergang mit dem Hund im Vorübergehen ja nicht einmal genug Zeit, die Jahrringe eines gefällten, schätzungsweise ungefähr 70 bis 100 Jahre alten Baumes einzeln abzuzählen: ich habe deshalb einfach fünf Jahrringe im Außenbereich des Stammstumpfes (dort sind die Jahrringe natürlich naturgemäß häufig breiter) abgezählt und festgestellt, dass sie ungefähr zwei Fingerbreiten entsprechen. Anschließend habe ich mit arg grob geschätzterToleranz ermittelt, dass der Stammdurchmesser sich auf eine bestimmte Anzahl von Doppel-Fingerbreiten belief. Danach habe ich ordentlich nach unten und nach oben abgerundet und ein ungefähres Alter des Baumes von 70 bis 100 Jahren ermittelt. Und gerade stelle ich fest: Die "Wissenschaft" arbeitet manchmal ganz genau so (oder ähnlich, leider).

Deshalb bitte ich doch sehr darum, dass sich die Leute der alten Garde wieder vermehrt zu Wort melden und sich nicht klammheimlich aus dem Staube machen!
:idea:
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