Bronzezeitliche Mode

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Bronzezeitliche Mode

Beitragvon Steve Lenz » 14.02.2006 22:42

Habe ich während meiner Recherche zu möglichen Textil-Schnitten für unsere Rekonstruktionen gefunden - wär?schon mal ein kleiner (mittelbronzezeitlicher!) Anhaltspunkt (jedenfalls mal für Ferro):

Bild

(Quelle: http://www.ffzg.hr )

Überreste eines weiblichen Idols aus dem nordöstlich-aegäischen Raum.

Wenn ich mir die Linien entlang des Kragens so ansehe, passt das ganz gut zu mittelbronzezeitlichen ?Schmuckfunden - wie z.B. diesem Collier aus dem ostalpinen Bereich.

Wäre nur interessant, was der Guten da vor der Leiste hängt!

Ich habe mich dann noch mit den Mumien (allesamt Kaukasier!) aus der Taklamakan (Tarim Bassin) befasst - angeblich stammt der Mann von Cherchen (Vorsicht! Nichts für zarte Gemüter!) aus dem böhmischen Raum. Er starb vor ca. 3200 Jahren!

Hier noch ein Bild von einem ebenfalls dort gefundenen Stofffragment:

Bild

(Quelle: http://www.zoroastriankids.com ).

Es wird neben der Leiche eines Kleinkindes noch die einer Frau beschrieben. Deren Kleidungsstücke sollen starke Ähnlichkeiten zu den spätbronzezeitlichen nordischen aufweisen.

Bei Karstadt München haben sie derzeit sehr schöne Wollstoffe im Sortiment. Mir stellt sich nur die Frage, ob ich das Karo-Klischee bedienen will und einen solchen Stoff zu meinem Glockenpanzer trage!? Versucht bin ich schon...:roll:
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Beitragvon Nika E.S. » 15.02.2006 12:09

...Die Frage zu der weitere Meinungen hilfreich wären ist die:
Ich habe Steve von dem Karostoff abgeraten, eben weil es zu sehr das Keltenklischee bedient. Dabei spielt es für mich keine Rolle daß es authentisch wäre, ich mache mir eher Sorgen um die so oft diskutierten Sehgewohnheiten der Zuschauer, und die auch hier passende 'Werktreuediskussion': Hält man sich an jeden Wortlaut eines schon älteren (ursprünglich Theater-)Textes oder weicht man in der Auslegung ein wenig ab - weil sich schließlich das Zuschauerwissen verändert hat - um heute das gleiche/gewünschte Resultat zu erzielen.
So denke ich, können auch wir nicht ignorieren was unser Publikum zu sehen gewohnt ist, und was es wie interpretiert...

Schlimmstenfalls sind es jene die sich alles nur ansehen, keine Fragen stellen und nachher der festen Überzeugung sind, LaTene Kelten hätten Glockenpanzer getragen "...weil doch der eine auf dem Event da einen anhatte..."
Bestenfalls muß er sich Fragen in der Richtung gefallen lassen, aber letzendlich kann es dazu führen, daß Museen davon absehen den 'Urni' einzuladen weil er ein missverständliches Bild zeichnet...

Klar kann man versuchen das Publikum zu erziehen, aber das wohl auch erst wenn man einen gewissen etablierten Status hat...
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Beitragvon Hans T. » 15.02.2006 13:27

Schwierig zu beantworten....die Stoffreste in dem einen oder anderen UK-Schacht in Hallstatt sind ja auch gemustert, kariert. Aber einen Zwang zum Karo würd ich nicht daraus ableiten. Gerade bei der schönen UK-Ausstattung von Steve würde ich kontrastreiche Stoffe wählen, die nicht zu stark von der Ausstattung ablenken.

H.
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Beitragvon Steve Lenz » 15.02.2006 13:31

So verrückt sich das jetzt lesen lassen mag:

Ich geh?morgen nochmals zu Karstadt und werd?meinen Panzer im Gepäck dabei haben. Dann sehe ich gleich, was passt und was nicht! 8)
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Beitragvon Nika E.S. » 15.02.2006 13:40

und wenn ich sagen muß... gelb/grün/blau kariert zu Bronze sieht be*** aus. :roll: :twisted:

Ich bin nach wie vor für ein schönes rot, blau oder weiß/hell mit Mustern.
So...
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Beitragvon Thomas Trauner » 15.02.2006 14:39

Das mit den Sehgewohnheiten, Ferro, ist so eine Sache.
Du hast grundsätzlich selbstverständlich recht.
Aber (irgendwas ist ja immer :D )....

Die UK-Funde aus den Bergwerken sind lediglich ein Beleg, dass Karos möglich wären, die Farbauswahl dort ist natürlich zufällig. Also rote, blaue oder ungebleichte weiße Farben sind natürlich auch ok.
Grundsätzlich gilt auch, dass wir immer mit jetztigen Sehgewohnheiten rekonstruieren, geht gar nicht anders, weil wir die damaligen nicht mehr kennen. (gehört auch zum Faktor "Mensch" beim Rekonstruieren und beim Experiment, siehe dortigen Threat).
Mal was weglassen, wie hier, um bestehende Sehgewohnheiten zu bedienen ist auch noch ok.

Trotzdem geht es einem schon im Kopf herum, wie weit das gehen soll, kann oder darf.

Gibt es da Meinungen ?

Thomas
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Beitragvon Hans T. » 15.02.2006 15:37

Ja, die gibts. Unteruhldingen ist so ein Beispiel, bei dem man nach meinem 'Gefühl' ein ganz klein wenig zu weit gegangen ist....

Bei zu ungewohnten Sachen, sagen wir mal 'auffällige' Farbkombinationen, 'sich beissende' Farben, bestimme Schmuckkombinationen erzielt man eine bestimmte Art von Aufmerksamkeit, die dann schnell Faktoide schafft. Meine These wäre deshalb: Bleib bei den Sehgewohnheiten und unserem aktuellen Farbgeschmack, Abweichungen nur dann, wenn es echte Hinweise und Belege gibt.

Hans
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Beitragvon Steve Lenz » 15.02.2006 15:43

Bleib bei den Sehgewohnheiten und unserem aktuellen Farbgeschmack, Abweichungen nur dann, wenn es echte Hinweise und Belege gibt.


Die gäbe es ja, wie man sieht! :roll:
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Beitragvon S. Crumbach » 15.02.2006 16:43

Mich reizt besonders die Farb- und Formgestaltung für andere Epochen. Manchmal sind ziemlich ungewohnte Vorschläge dabei :oops:
Aber ohne Besonderheit wäre die Vorzeit etwas zu grau, denke ich.

Beonders Karo?s sind das diffiziel. Warum nicht mal ein schönes Hahnentrittmuster??? Oder andere spannende Dinge?

Die meißten Karo-Kelten tragen wirklich moderne Muster. :roll: Behutsames auswählen kann da helfen.
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Beitragvon Steve Lenz » 15.02.2006 16:46

Behutsames auswählen kann da helfen.


Der anvisierte Karstadt-Stoff hat einen 2:1 Köper und in etwa die Farbgebung des o.g. Fragments.
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Beitragvon Dain II. » 15.02.2006 17:29

Liegt der zufällig in der Wühlkiste? Wenn dem so ist hab ich den schon im Jannuar gesehen als ich in München zu besuch war. Leider ist der nicht 100% Wolle, sieht aber sehr schön aus.

lg Stephan
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Beitragvon Steve Lenz » 15.02.2006 17:30

Dann reden wir nicht vom gleichen - "meiner" ist 100% Wolle! :D
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Beitragvon Giraut » 16.02.2006 12:20

Meine ganz unmaßgebliche und subjektive Ansicht: der Stoff scheint von Material, Webart und Farbwahl her hervorragemnd belegbar bzw belegt zu sein. Somit ist er definitiv gut geeignet.
Kann ja wohl nicht angehen, sich bei sachlich kompetenter und rationaler Rekonstruktion von den Missgriffen irgendwelcher Marktleute beeinflussen zu lassen, finde ich.
Das Bedienen von "Szeneklischees" ist meines Erachtens stets abzulehnen, und in diesem Zusammenhang lautet das Szeneklische leider 'ernsthafte Rekonstruktion darf niemals karierte Stoffe benutzen, auch dann nicht, wenn das historisch korekt wäre'. Ich denke, es ist vielmehr sinnvoll und nützlich, durch korrekte und vernünftige Arbeiten Vorbilder zu geben und somit durch Qualität Maßstäbe zu setzen.
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Beitragvon Steve Lenz » 17.02.2006 17:36

Danke für die vielseitigen (im Sinne des Wortes) Denkweisen, Ansichten, Informationen und Ideen - deswegen stelle ich solcherlei Angelegenheiten auch so gerne hier ein. Ihr seid mir bei "Selbstzweifeln" stets eine große Hilfe! :D

Zum einen ist mir klar, dass ich bei meiner Reko zwar auf die Stofffunde stützen, aber nicht gleich stürzen sollte. Deren Vorhandensein als Vorlage muß nicht sklavisch in meine Arbeiten übernommen werden - ob es sich jetzt anbietet oder geradezu aufdrängt!

Es muß in das Gesamtkonzept passen und sollte sich nicht in die Waagschale gegen die Metallausstattung werfen. Es fällt nämlich eher ein unpassender Stoff zur Rüstung auf, als diese selbst! :idea: (Danke, Ferro & Hans!)

Allerdings muß es auch kein ultrafeines Stöffchen sein, nur weil ich Schwert und Panzer trage. Ein gutgewebtes, rustikal geschnittenes mit einigen Highlights (Broschierungen, Stickereien,...) tut?s genauso.

Diesbezüglich habe ich schon was hier - ich färbe jetzt noch das Oberteil und stell?s dann mal unter "Vollrekonstruktionen"...
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Beitragvon Nika E.S. » 23.02.2006 17:40

Ich mach hier im Threat weiter... gehört schließlich auch zur Bronzezeitlichen Mode...

Ich versuch mir schon die ganze Zeit einen Schnitt für meine Urnenfelder-Bluse einfallen zu lassen... Ich bin nicht sicher ob ich einfach Ländergrenzen überspringen und sozusagen noch mal ne Egtved-Bluse machen soll, oder lieber das einfachst denkbare Schnittmuster: an den Stoff in der Mitte knicken, Ränder umnähen, fertig...
Weiß wer weiter?
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