von Jürgen Weiner » 30.11.2010 16:42
Hi!
Ja, Marvin ist schon umtriebig, das muss man gestehen. Und das ist alles andere als schlecht.
Freilich, wenn jemand schon brisante Themen aufgreift und zugleich einen hohen Anspruch an sich stellt - und das tut Marvin - dann sollte er sich schon ein wenig besser informieren. Was ich damit meine?
M. Fehrenbacher zitiert mich ausgesprochen sportlich, um es einmal höflich auszudrücken (korrekt: Weiner,J., Kenntnis - Werkzeug - Rohmaterial. Ein Vademekum zur Technologie der steinzeitlichen Holzbearbeitung!. Arch. Inf. 26,2, 2003, 407-426). In diesem Aufsatz habe ich mich aus gegebenem Anlass und recht ausführlich zum vermeintlichen "Feuerhärten" geäussert.
Mich wundert jenes "Zitat" in M. Fehrenbachers Papier insofern, als der junge Mann in demselben Heft der Arch. Inf. unmittelbar anschliessend an meinen Aufsatz einen eigenen Beitrag mit dem Titel "Zunderersatz in der Steinzeit" (ebd., 427-435) veröffentlicht hat!
Bitte verschont mich mit dem Argument "ist doch noch ein Schüler..."!
Selbst wenn sich nach dem Erhitzen/Ankohlen von Holzarten eine Härtung objektiv gemessen einstellt, dann drängt sich noch immer die Frage auf:
War es diese Eigenschaft der Härtung, die unsere Altvorderen durch Hitzeeinwirkung auf Holz erzielen wollten?
"Feuerhärten" wird für gewisse prähistorische Holzartefakte angenommen und - nicht nur von fachfremden Zeitgenossen beiderlei Geschlechts - sondern gleichermassen in der Fachwelt munter, munter tradiert, also nachgeplappert, wobei mehr oder weniger regelhaft die Lanzenspitze von Clacton/GB und die Lanze von Lehringen als Beispiele genannt werden.
Dass die Spitze von Clacton keinerlei Feuer, der Lehringer Speer eventuell solches gespürt hat, ist seit den 1980ern bestens bekannt.
Unmittelbare Beobachtungen vom "Feuerhärten" hölzerner Artefakte liegen m.W. nur durch Reisende und Völkerkundler seit dem 18./19. Jh. bei Naturvölkern vor. Die beobachteten Vorgänge werden ohne weitere Begründung als "Feuerhärten/-ung" beschrieben.
In meinem o.e. Aufsatz gebe ich zu bedenken, dass gerade bei der Zurichtung der Spitzenpartie etwa von Lanzen, Speeren oder Grabstöcken/-scheiten die destruktive Eigenschaft des Feuers eine exzellente Hilfe sein kann. Denn besonders, wenn es sich um Hartholzarten handelt, ist die Zuformung/Modellierung einer Spitzenpartie durch blosses Hacken etwa mit einem scharfkantigen Abschlag erheblich mühsamer als die Entfernung/Reduktion von stärker verkohltem Holz.
Tatsächlich lassen sich die völkerkundlichen Berichte etwa aus Australien oder Tasmanien über Aborigines, die die Spitzen ihrer Speere ins Feuer halten zwanglos in eben diesem Sinne verstehen.
Wie man sieht, besteht vor diesem Hintergrund kein zwingender Grund nachgerade selbstverständlich von einer "Feuerhärtung" zu sprechen. Wenn überhaupt, wäre in diesem Falle eine gewisse Härtezunahme des Holzes von den Holzbearbeitern lediglich billigend in Kauf genommen worden.
Weitere Ausführungen in meinem o.g. Papier. Und last but not least hat sich bereits A.J. Cosner im Jahre 1956 zum Thema "Fire hardening of wood" Gedanken und ein Experiment gemacht. Nachzulesen in der American Antiquity 22, 179-180. Spannend, was das steht!
HG Jürgen