Bäume fällen mit dem Dechsel

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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon ulfr » 27.03.2011 12:36

BEweise könne wir keine liefern, aber zahlreiche HINweise - 3 Dechsel sind HIN :D

Meine (unsere) Erfahrungen hinsichtlich der Holmkonstruktion habe ich schon gepostet.
Am interessantesten war für mich die Effektivität der kleinen HS-Dechsel, da hätten wir zusammen mit den Spuren am Brunnen von Altscherbitz schon so etwas wie einen Beweis, aber ich will den Publikationen nicht vorgreifen, mehr dazu im Oktober in Schleswig.
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon FlintSource » 28.03.2011 19:58

pinguin hat geschrieben:Was beweist das Experiment jetzt? :D


Hallo Pinguin,
Ganz streng genommen war es kein Experiment sondern ein "Geländeversuch mit Nachempfindungen und Repliken bandkeramischer Dechsel". Für die Schuhleistenkeile haben wir bislang keine Holzschäftungen und das Rätsel um die stumpfwinkligen Stielen der Flachhacken ist auch nach diesem Einsatz noch nicht gelüftet.

Glücklicherweise waren wir gerade noch rechtzeitig und fing der Saft erst an zu steigen und zwar nur im Kern. Der Unterschied zwischen Splint und Kernholz war letztendlich nicht so groß, das Problem war eher vernünftig in die Kerbe zu hauen, wenn man tiefer kam.

Was das ganze Beweist? Die Bandies müssen durchaus besser gewesen sein als wir, sonst hätten die das mit den Langhäusern nicht mal angefangen!

Jetzt geht es in die Analyse und werden wir sehen welche Schlussfolgerungen an Hand der Foto/Filmdokumentation, Spuren und Späne gezogen werden können.

@ Thomas, danke für den Hinweis, wer in der Gegend ist sollte hingehen, was Lars Stebner da macht ist durchaus interessant, mein Kenntnisstand ist jedoch vom letzten Jahr, ich weiss nicht was da in letzter Zeit noch hinzugekommen (oder revidiert) ist,
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon pinguin » 30.03.2011 20:47

FlintSource hat geschrieben:
pinguin hat geschrieben:Was beweist das Experiment jetzt? :D



Was das ganze Beweist? Die Bandies müssen durchaus besser gewesen sein als wir, sonst hätten die das mit den Langhäusern nicht mal angefangen!

Hallo FlintSource,
genau das ist die Frage nach dem "wie haben die es gemacht?" Die Befunde der BK zeigen gewaltige Bauten mit Tragpfosten, die man mit einem kleinen Löffelbeil wohl kaum fällen konnte.
Gibt es Alternativen?
Muß es ein Beil gewesen sein?
Zielführend wäre es vielleicht, sich andere Methoden auszudenken und diese im Vergleich vielleicht das nächste Mal auszuprobieren. "Try and error" und Falsifizierung des angedachten Prozesses wären sicher wünschenswerter als ein positivistischer Ansatz : "Das haben wir, also muß es damit genacht worden sein. Sie hatten keine Motorsägen wie die Kollegen Lüning oder Luley, Andraschko oder Boonstra und haben es dennoch wunderbar geschafft. Auch wenn wir nicht Beweisen können, so lasst uns doch die Annäherung versuchen (frei nach Fansa)

:roll:
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon FlintSource » 31.03.2011 08:46

Hallo Pinguin,
wie bereits irgendwo auf den vorherigen Seiten geschrieben, haben wir in einigen wenigen Fällen Hinweise dafür, dass zumindest beim Ablängen von Stämmen Feuer eingesetzt wurde. Das wäre möglicherweise auch für das Fällen anzudenken, wie es aus ethnografischen Beispielen auch bekannt ist. Versuchen kann man es allemal, obwohl Waldeigentümer darüber wohl nicht sehr begeistert sein würden. Das Problem ist aber, dass wir wohl nie einen bandkeramischen Baumstumpf finden werden an dem sich die Fällarbeiten ablesen lassen und so bleiben alle Lösungen wohl hypothetisch.

Mein Ansatz war sehr wohl extrem positivistisch. Ich habe aus einem bandkeramischen Grabungsprojekt vier Sachen: Dechselklingen, Bearbeitungsspuren an Hölzern, Holzchips und Hinweise auf eine stumpfwinklige Dechselschäftung. Mir ging es in erster Instanz darum, diese vier Gattungen zueinander in Bezug zu setzen, was mit einigen Abstrichen auch gut gelungen ist. Falsifizierung ist erst der zweite Schritt nach dem Hypothesen aufgestellt sind. Dies hier war erst die Grundlage, jetzt müssen wir genau das gleiche noch mal machen, aber dann mit dem richtigen Material und entsprechender Technik. Ich bin vorerst noch nicht davon überzeugt, man könne keine Rieseneichen mit einem verhältnismäßig kleinen Beil fällen. Es dauert halt.

Grüße,
Rengert
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon ulfr » 31.03.2011 09:10

Den Einsatz von Feuer, um eine noch stehende Eiche von 50 cm Dm und mehr zu fällen, halte ich persönlich für ausgeschlossen. Versucht mal, eine frische Eiche, auch wenn sie nicht unbedingt gerade im Saft steht, anzukokeln - viel Spaß. Außerdem würden die Flammen am Baum hochschlagen und genau das Holz für die weitere Verwendung unbrauchbar machen, was man aus diesem Stammteil gewinnen könnte. Zum Ablängen könnte ich mir Feuer schon eher vorstellen, weil dann das Feuer rechtwinklig zum Baum brennt, aber auch das dürfte ganz schön lange dauern - wenn man das Holz nach dem Fällen/Ablängen weiterverarbeiten will, dann muss das sofort geschehen, d.h. auch beim Ablängen muss der frische Baum durchgebrannt werden. Da ist man wahrscheinlich mit den kleinen Dechseln schneller.
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon pinguin » 04.04.2011 06:32

Was ist mit Sägeschnur?
Dies müßte nach einer internen Diskussion bei uns auch mal diskutiert werden :D
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon LS » 05.04.2011 21:24

Hallo,
aus aktuellem Anlass - der internen Diskussion der "Dechselgemeinde" - stell ich mal wieder was bei unserem Turbo-Dechselfred ein:
Wie sich in Gesprächen rausstellt, sagen die meisten Leute - bis auf die Rheinländer - eigentlich DER Dechsel, und eigentlich nur aus Höflichkeit in solchen Diskussionen wie dieser hier mal DIE Dechsel. Nun mag der R. Flintsource aus Dräsdn ganz recht haben, dass der Duden mit seiner Auskunft "Femininum" (f.) eigentlich verbindlich sei.
ABER: Das Herz der deutschen Sprache schlägt im "Grimm" (DWB), sowohl gefühlt als auch von seinem Tiefgang bezüglich Etymologie. Und da steht die regionale Variante DER (namentlich für Bayern und die Schweiz). So eingebaut heute auch in der Wikipedia, 1. Absatz (Fußnote Nr. 1 = Link auf Grimm online)
http://de.wikipedia.org/wiki/Dechsel
Wäre sehr spannend zu erfahren, wo Ihr sprachlich herkommt und ob es bei Euch DER oder DIE Dechsel heißt. Ich sag schon mal vorweg aus eigener Erfahrung:
Thüringen, Sachsen-Anhalt, Franken: DER, und nur DER

Grüße, L.
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon ulfr » 05.04.2011 21:44

Schläfrig-Holzbein, Hamburg, Bremen, Niedersachsen, Hessen, Baden?-Würgdenzwerg: DER Dechsel
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon Bullenwächter » 06.04.2011 08:23

Geboren am Bodensee und wohnhaft in Schießmich-Holzbein ist mir die maskuline Form vertraut.

Dass die Duden-Redaktion und die neue reformierte deutsche Rechtschreibung nicht immer richtig liegen und vor allem nicht dem Willen der Mehrheit, bzw. dem Sprachgefühl und -gebrauch der Mehrheit entsprechen[1] ist ja hinglänglich bekannt.

Vielleicht sollten wir bei dieser Gelegenheit den Eintrag Dechsel auf Wikitionary starten: http://de.wiktionary.org/w/index.php?ti ... ch=Dechsel

[1] http://www.gfds.de/presse/pressemitteil ... ur-sprache
The day may be near when we must kill to conserve.
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon LS » 06.04.2011 09:34

Hallo,
danke schon mal für die Antworten. Offenbar gibt es hier eine mündliche Sprachtradition, die sich auf einen seit Jahrhunderten üblichen Wortstamm "dehsen = schwingen" bezieht, während der Duden den Dechsel auch eher mit der Deichsel gleichsetzt. Siehe hier:
http://de.wikipedia.org/wiki/Dechsel_%2 ... Etymologie

Gruß L.
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon Chris » 07.04.2011 09:16

familiär aus einer kruden Mischung von Bergischem Land, Osnabrück, Magdeburg und Berlin stammend, aufgewachsen in Niedersachsens Hauptstadt, gewohnt außerdem im Badischen, umme Ecke vonne Zeche und nun unter Fischköppen kannte ich bis zu dieser Dechsel-Diskussion die Version "DIE Dechsel" überhauptnicht :ups:

und als Deichsel kenn ich außerdem bloß ein Teil vom Fuhrwerk - was hat das mit dem Dechsel zu tun, lieber Duden? :Dachsfrage:
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Re: Bäume fällen mit der Dechsel

Beitragvon Steve Lenz » 07.04.2011 11:29

Schweizerisch-neutral-preussisch-pragmatisch: DAS Dechsel. :mammut2:
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Re: Bäume fällen mit dem Dechsel

Beitragvon Fridolin » 23.05.2011 01:04

Hallihallo,

am Freitag traf sich der Archäologische Verein Ergersheim zur jährlichen Vollversammlung.

Dabei ging es auch um das Dechselexperiment und die überaus positive Resonanz im Verein, in der Bevölkerung und in den Medien. Manfred zeigte Ingo’s Filmchen und Rengerts Bilder der "Ergersheimer Ecke" in Dresden. Der Bürgermeister war so sehr begeistert, dass er weitere Eichen für künftige Baumfällexperimente zusagte.


Der Lehmofen wird gebaut, aber nicht mit Kindern im Ferienprogramm (es sind einfach zu viele ...), sondern von Vereinsmitgliedern an einem noch nicht festgelegten Termin (für Peter: in Silke’s Garten in Seenheim).

Es gab noch den Vorschlag, das Kochen bzw. Garen in der Grube auszuprobieren. Was haltet Ihr davon, wäre das noch was für das nächste Dechselexperiment?

So viel erst mal

Einen guten Start in die Woche wünscht
der Fridolin
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Bäume fällen mit der Kochgrube

Beitragvon Bullenwächter » 23.05.2011 07:25

Hallo Fridolin!

Das sind ja sehr schöne Nachrichten - klasse!
Vielen Dank an den Verein und den Bürgermeister.

Das mit dem Kochen in der Kochgrube klingt gut und könnte ja als eigenes Experiment neben dem Baumfällen mitlaufen. Vielleicht könnte es auch zur Versorgung der Teilnehmer beitragen. Zu dem Garen/Kochen in Kochgruben gibt es ja schon verschiedene publizierte Experimente, die sich der Verein sich vorher ansehen sollte.
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Re: Bäume fällen mit dem Dechsel

Beitragvon Chris » 23.05.2011 07:27

Fridolin hat geschrieben: Der Bürgermeister war so sehr begeistert, dass er weitere Eichen für künftige Baumfällexperimente zusagte.


Ein Hoch auf den Verein und ein Bild an den Bürgermeister - in Ergersheim sind wir definitiv gut aufgehoben mit den Experimenten :D
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