Altersbestimmung bei Fundknochen

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Altersbestimmung bei Fundknochen

Beitragvon Trebron » 20.12.2008 12:38

Hallo Gemeinde,

ich habe von meiner Tochter einen "alten Knochen" bekommen.
Sie hat beim Umbau ihres Hauses den Keller ca 35 cm tiefergelegt.
beim Ausbuddeln hat sie einen Knochen gefunden, also noch unter dem Fundament.
Ich habe von einem Rehbockknochen die entsprechende Gelenkform, weis aber nicht mehr, ob "Obearm- oder Oberschenkelknochen".
Größte Breite beim Rehgelenk= 3cm, beim Fundknochen 7 cm
Der Knochen ist etwa mittig zerschlagen, wodurch der Lehm des Bodens komplett in das Innere des Knochen gelangte.Äußere Beschädigungen von der Buddelei ( Pickel und Spaten am Gelenkkopf ) sind frisch, der Bruch ist alt.
Lehm von der Fundlage befindet sich noch im Knochen, ich habe ihn bewußt nicht gewaschen.
Woraus könnte ich nun auf das etwaige Alter des Knochen schließen.
Das Haus wurde 1952 gebaut.

Der anstehende Grund in dem der Kochen eingebettet war,ist purer, rotbrauner, fetter Lehm. Er lag also nicht in einer Schüttung fremden Grundmaterials.
Schwemmland vom nahen Haardtgebirge( überwiegend Sandstein ).

Geschätzte Fundtiefe gegenüber Gartenniveau ca 2,50 m und 20 - 25 cm unter der ursprünglichen Bodenplatte.

Weil sie ja mein Hobby kennt, hat sie mir den Knochen mal aufgehoben.

Wer kann da bei der Bestimmung helfen.
Ich weis, Bilder würden helfen, aber da habe ich ein Problem:ops:
Lage: http://de.wikipedia.org/wiki/Lachen-Speyerdorf
Siehe daraus unter Geschichte:Die beiden ehemaligen Dörfer verfügen über eine Vielzahl frühgeschichtlicher Boden- und Grabfunde."
http://www.fotogalerie-neustadt.de/024b ... index.html
Im ersten Bild, linker Bildrand ist eine Stück vom Garten zu sehen.


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Beitragvon Fridolin » 20.12.2008 14:01

Hallo Trebron,

das ist doch nur die berühmte ?Leiche im Keller?...
In meinem Elternhaus gab es die ?Sage?, dass ein früherer Bewohner (um 1700) so verarmt war, dass er seine verstorbene Frau im Keller beerdigen musste. Deshalb war immer ?die Frau Oppermann? schuld, wenn z.B. irgend etwas unauffindbar war oder wenn merkwürdige Geräusche zu hören waren - Frau Oppermann spukte wieder mal. Als der Keller später archäologisch untersucht wurde, fand man kein Skelett. Mythos zerstört.

O.K., Spaß beiseite. Von der Region habe ich eine Topographische Karte 1:100000 und eine geologische Karte 1: 500000. Laut geologischer Karte stehen dort lediglich würmzeitliche Schotter und Löß an, ferner gibt es entlang des Speyerbachs ausgedehnte Auesedimente. Ich tippe mal, dass der rote Lehm aus dem Keller mit den Auesedimenten gleichzusetzen ist. Damit wird es schwierig, denn diese bilden sich v.a. bei Hochwasserereignissen, besonders wenn am Oberlauf der Bäche massiv gerodet wurde. Ausgeprägte Rodungsphasen hat man z.B. bei den Römern oder im Mittelalter. Auesedimente können i.d.R. über datierbare Fossilreste (Knochen ausgestorbener Viecher, Pflanzenreste etc), über die Schichtenabfolge und archäologische Reste (Keramik, Bronzen usw.) zeitlich eingeordnet werden. Dies ist auch für Spezialisten nicht immer einfach und i.d.R. nur mit einer Kombination aus geologischen, paläontologischen (u.a. Pollen!) und archäologischen Methoden zu lösen. Hängt halt davon ab, was man an bestimmbaren und datierbaren Resten findet und mit welchem (finanziellen) Aufwand man an die Fragestellung herangehen kann. Sicher, die Datierung des Knochens kann man auch mit C14-Analysen bestimmen, Kosten ab ca. 350 Euro aufwärts.

Schönes Wochenende!

Fridolin


PS: Mit der Fundtiefe des Knochens allein kann man in der Aue wenig anfangen. Denn die Schichtdicke der abgelagerten fluviatilen Sedimente variert sehr stark, entsprechend dem Bodenrelief und der Strömung. Ein weiteres Problem: Umlagerung. Na ja, wenn in der unmittelbaren Nachbarschaft eine neue Baugraube aufgemacht wird kann man das Bodenprofil aufnehmen, Sedimentproben nehmen und - wenn vorhanden - nach weiteren Funden Ausschau halten. Optimal wäre es, wenn sich die aufgenommenen Schichten anhand von Keramik o.ä. ohne viel Aufwand datieren ließen. Ein großes Stück Holz, das man dendrochronologisch einordnen kann, schön, aber die Datierung bekommt man nicht für 2.50 ...
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Beitragvon Trebron » 22.12.2008 11:18

Das Haus ist aussen zur Isolierung bis zur Bodenplatte aufgegraben. Ich werde mal in den Graben steigen und schauen, ob man da was an Schichtfolgen erkennen kann, oder ob die Baugrube beim eigentlichen Bau des Hauses größer war, als jetzt aufgegraben wurde.

Am Knochen selbst kann man nichts abschätzen ?

50 - 500 - 5000 Jahre ?

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Beitragvon Fridolin » 22.12.2008 14:08

Eine grobe Datierung des Knochens kann man u.U. vornehmen, wenn sich das dazugehörige "Viech" selbst bestimmen lässt. Unwahrscheinlich, aber denkbar: Ren (spätglazial). Falls sich die Körpergröße eines Haustiers (Schwein, Pferd usw.) bestimmen lässt, kann man vielleicht einen ?Verdacht? äußern, aber das ist schon sehr, sehr heikel. Bei einem Reh wird?s nahezu unmöglich.

Ansonsten ist man auf die Datierung der ?Fundschicht? über Beleitfunde angewiesen.

Nimm einen Kratzer Spaten o.ä. und säubere das Bodenprofil. Vergiss die obersten 30 cm (ganz grob), da ging vielleicht der Pflug drüber und hat alles umgeschichtet oder die Baustellenfahrzeuge haben kräftige Spuren hinterlassen.

Schau gezielt nach allem, was sich in tieferen Abschnitten des Bodenprofils finden lässt: Keramik- oder Glasscherben, Schlacken, Metall oder bearbeitete (ortsfremde?) Steine. Mit einem einzigen Fund kann man schon sehr viel zur indirekten Datierung des Knochens beitragen (z.B. älter oder jünger als...). Und falls sich irgendwie geartete ?Schichten? oder Schichtgrenzen ausmachen lassen: achte darauf, ob sie waagrecht oder irgendwie ?schräg? verlaufen.

So viel erst mal. Das Wetter ist derzeit wirklich nicht optimal für solche Aktionen, trotzdem viel Spaß!

Fridolin

PS: Spätestens ab dem Mittelalter kamen Abfälle mit dem Mist auf die Felder, deshalb sind Funde nichts ungewöhnliches, die "zugehörende" Siedlung kann ein paar hundert Meter entfernt liegen...
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Beitragvon Trebron » 22.12.2008 14:51

Ja, da werde ich mal "Archäologe" spielen :D
Ich hoffe, ich komme nicht zu spät, das Aufgegrabene ist nach Aufbringen der Isolierung großteils schon wieder zugeschüttet. Das offene werde ich mir an einem der Feiertage ansehen.

Wie im ersten Post geschrieben:
Größte Breite beim Rehgelenk= 3cm, beim Fundknochen 7 cm
Geschätzte Fundtiefe gegenüber Gartenniveau ca 2,50 m und 20 - 25 cm unter der ursprünglichen Bodenplatte. also mitten unter dem Haus.
Die Tochter sagte mir gestern, dass ausserhalb des Hauses, in etwa gleicher Tiefe auch ein Stück Kiefer gefunden wurde. Es würde vermutlich noch auf dem "Berg vom Aushub liegen". Muß ja aber nicht vom gleichen Tier stammen :?

Also: Schau mer mol

Fridolin, danke für die bisherigen Einschätzungen.

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Beitragvon Mela » 05.01.2009 09:11

Reh würde ich persönlich als "ziemlich rezent" einstufen - einfach aus Wahrscheinlichkeitsgründen (Rehe als DIE Waldbewohner sind eine Folge der starken Zerstückelung unseres Waldbestandes, in sämtlichen prähistorischen und frühmittelalterlichen Beständen, die ich kenne, überwiegen Hirsche eigentlich immer).
Aber das ist eine reine Bauchentscheidung - am Knochen selbst wirst Du (ausser Du investierst in eine C-14 Datierung :wink: ) nichts erkennen können. Ich hatte schon Knochen auf dem Tisch, die wie gestern entfleischt aussahen, aber 6000 Jahre alt waren...

Liebe Grüsse

Mela
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