Gussform mid zwo Schichdn

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Beitragvon Thomas Trauner » 02.02.2010 09:42

Fürs FMA wäre ich, was die Fibeln angeht, mit "Ur-Modelen" einverstanden. Die scheinen in ihrer Grundform relativ gleich zu sein.

Für VG nicht so. Die Fibeln sind alle anders, offenbar gibt es keine zwei Stücke.
Was anderes ist mit Gebrauchsgeräten, Pfeilspitzen, Beilen etc. Da sind Holzmodelle denkbar.

Thomas
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Beitragvon Steve Lenz » 02.02.2010 09:51

Für die VFG gibt es in Frög Ha-datierte Applikationen aus Blei, welche wohl in Verwendung als Endprodukt und nicht als Zwischenfabrikat waren.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Beitragvon Claudia » 02.02.2010 11:22

Blaubär, alles, was zweischalig geht, kann man auch für den Sandguß verwenden. Da ist ein Zinnmodell sogar deutlich besser als eins aus Wachs, weil man das Zinnmodell viel besser überarbeiten kann. Bei Wachs kann man doch recht schnell was versauen - jedenfalls wenn man nur Bienenwachs hat und nicht die modernen Wachse, die man sogar feilen kann.

Ich wüßte jetzt nicht so richtig, was der Vorteil daran wäre, ein Zinnmodell in Ton einzukleiden, aufzutrennen, das mit Wachs auszugießen, dann wiederum die Wachsmodelle alle einzubetten, trocknen lassen, ausschmelzen und erst dann mit dem "Zielmetall" auszugießen gegenüber einem Sandguß, wo man das Zinnmodell abformt und gießt?
Und Wachs war damals nicht unbeträchtlich teuer, das darf man auch nicht vernachlässigen.

Was anderes ist es, wenn das Wachsmodell selbst das Urmodell ist. Da ist Einbettung in Lehm/Ton natürlich sinnvoll.
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Re: Gussform mid zwo Schichdn

Beitragvon Fridolin » 02.02.2010 11:40

Blaubär hat geschrieben: Ich hab zwar scho imma mal was glesen über Gussformn mit zwo Schichdn, aba noch nie eine gsehn. Im Fundgud und so. Wo isn der archäologische Nachweis von dera feinen Schichd aufm Wchsmodell und dera groben Schichd obe drübber. Ich find des Thema Gussform wird in die Grabungsberichd sowieso immer undern Disch gfallen glassen oder ich les die falsche Bücher. Auf der Bildli sicht ma a meist nix. Wer wäs was?


Ich vermute mal, dass sich die Frage nicht auf zweischalige Gussformen sondern auf "verlorene" Lehmformen bezieht. In diesem zweiten Fall kann ich nur für spätlatenezeitliche Gussformen einer einzigen Fundstelle sprechen, aber die Aussagen sind statistisch hochsignifikant (über 1200 Fragmente). In keinem Fall konnte eine evtl. vorhandene Schlichte (die innere feine Schicht) zweifelsfrei identifiziert werden, weder makroskopisch noch unter dem Binokular. Evtl. hat man unter dem REM größere Chancen. In unseren Fall kann die Schlichte – wenn sie tatsächlich vorhanden war - nur wenige Zehntel mm dick gewesen sein.

@Mela, danke für den Hinweis auf Zug-Sumpf. Werde mir bei Gelegenheit die Arbeit von Peter Northover besorgen. Vor einigen Jahren konnte ich mir seinen Vortrag über die Herstellungstechniken der Goldtorques von Snettisham anhören. Wirklich sehr, sehr beeindruckend...

Fridolin
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Beitragvon Claudia » 02.02.2010 12:53

Fridolin, meine Antwort bezog sich auf das hier:

Blaubär hat geschrieben:Also meine persönliche Interpretation für Blei- und Zinnfibeln: Vom Praktischen betrachtet kann man damit wunderbare Wachsmodelle in feuchtem Lehm giessen. Mit der Model einen zweischaligen Abdruck machen, diese mit Wachs ausgiessen und dann nach "Kundenwunsch" überarbeiten. Einlehmen und giessen! Für mich sieht es auch so aus, als dass diese Modeln sehr einfach gehalten sind, so zu sagen nur Grundmodelle, die dann individuell ausgeformt werden können. Aber ist nur meine Theorie, und auch nur für die Merowingerzeit.
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Beitragvon Mela » 02.02.2010 15:46

[quote]Ich kenn nur eine Erwähnung bei Fasnacht "Dust in the wind" (des wars glaub ich), wo er ein Topf oder sowas erwähnd in dem Sand angebaggen is. Er sbrichd des als Rest von der Sandform an, die annern als Dreck im Amala. Er sachd abber, das der Sand amol heiss gworn sei muss. Und zwar heisser als beim gochen. Ansonsten wüssd i noch von am grossen Sandhaufen in Augst in anner Giesserwergsdadd. Aber frach nedd nach in welchem Band übber Augst i des glesen hab. Und obs dann auch wirglich Gusssand war, is a frachlich. [/quote]
Blaubär, "Dust in the wind" ist von B.S. Ottaway.
Walter Fasnacht hat zwar auch Versuche in Sand gemacht, ist aber wie wir der Meinung, dass Sandguss nicht wirklich die Norm war.

Die Zinn-Urform wage ich ehrlich gesagt auch zu bezweifeln - ausser dem Originalautor (dessen Name mir partout nicht einfallen will) wurde die Idee auch nicht wirklich aufgenommen. Um Zinn zu giessen, muss ja auch erst eine Form hergestellt werden. Und da stelle ich mir die Frage nach dem Aufwand - denn mit den meisten Materialien, in die ich Zinn giessen kann, kann ich gleich Bronze giessen.

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Blaubär » 02.02.2010 21:28

Ok, da hab ich mich wohl beim Autor getäuscht. Und bei meiner Aussage zu den "Urmodellen" wohl nicht ausführlich genug. In MWZ werden die Zinn- oder Bleimodeln häufig als "geschmiedet" angesprochen, aber das sei mal dahin gestellt. Meine These beruht auf der Einfachheit der mir bekannten Modeln und der nicht vorhandenen Einfachheit der bekannten Bronzefibeln. Was ich meinte ist, dass ich ein Wachsmodel viel einfacher bearbeiten läßt als ein gegossenes Bronzeobjekt. Also einfaches Wachsmodell herstellen, überarbeiten und dann in Bronze giessen. Und Bienenwachs läßt sich sehr gut in feuchten Lehm giessen. Hab ich selbst schon des öfteren gemacht. Einen groben Rohling aus Wachs gegossen und dann überarbeitet. Den überarbeiteten Rohling dann eingelehmt, ausgeschmolzen und gegossen. Mir will es halt nicht in den Kopf für ein Fibelpaar ein Model aus Zinn/Blei zu machen und dann nur ein paar Fibeln zu giessen. Den Aufwand find ich ziemlich hoch. Da wäre es doch einfacher, die beiden Fibeln gleich aus Wachs zu schnitzen und zu giessen. Ein Model lohnt sich meiner Meinung nach nur für eine kleine Serienfertigung. Dafür fehlt aber der Fundbeleg. Es gibt kaum gleiche Fibeln, aber sehr viel ähnliche Fibeln. Also wäre es von meiner Sicht aus denkbar, ein Grundmodell aus Zinn/Blei zu machen, davon Wachsrohlinge zu fertigen und diese nach "Kundenwunsch" zu ändern. Wachs läßt sich halt leichter bearbeiten als Bronze/Silber/Gold. Und die werden dann im altbekannten Wachsausschmelzverfahren gegossen. Die These ist natürlich spekulativ, aber ich finde doch schlüssig.

Servus,
der Blaubär
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Beitragvon XorX » 02.02.2010 21:30

Servus!

Hat hier mal jemand mit Seife statt Wachs gearbeitet?
Der Gullbrand hat da in Kipfenberg mal was erzählt...

XorX
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Beitragvon Blaubär » 02.02.2010 21:46

Da guckst du mal auf die Seite von der Werkburg. Die spinnen sich da was rum mit Seife. Bin ich ganz ehrlich kein Verfechter von der These. Dafür ist mir Seife zu wenig nachgewiesen. :D
Ich bin und bleib ein Fan der tierischen Nebenprodukte meiner heißgeliebten Bienen und für größere Sachen gibt`s den Rindertalg. Außerdem ergibt Holzasche mit Fett dann doch eher eine Schmierseife als einen festen Block. Und die chemische Industrie der MWZ ist ja nicht für ihre Natronlauge bzw. Holzaschenlauge bekannt. :D :D :D
Scherz bei Seite: Ich kann z.B. den Argumenten der Werkburgleute nicht ganz folgen. Fett abzweigen und daraus Seife machen? Fett würde ich essen. Bienenwachs kann ich nicht essen. Ich kann Kerzen draus machen oder Modelle für den Metallguß. Einem Bienenvolk kann man ca. 1kg Wachs im Jahr entnehmen ohne den Fortbestand zu gefährden. Das fällt bei der Honigernte an. Der Bullenwächter hat mir mal das Foto einer Klotzbeute aus einer Feuchtbodensiedlung gezeigt (ca. 5000 n.Z.), welches beweist, das schon hier die Bienen nah am Haus gehalten wurden. In einem Haus mit zentraler Feuerstelle glaube ich im Allgemeinen nicht an den Kandelaber an der Zimmerdecke. Zur Zeit der Christianisierung kommt natürlich ein erhöhter Verbrauch an Kerzen für die Kirchen auf. Ansonsten denke ich stand Wachs zur Verfügung. Natürlich nicht in rauen Mengen, aber ausreichend. Für größere Objekte wurde auch auf Rindertalg zurück gegriffen (siehe Glockenguß bei Th. Presbyter). Die Seifenthese sehe ich nicht als sehr ernsthaft an.

Sevus,
der Blaubär
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Beitragvon Mela » 02.02.2010 21:47

Blaubär, genau meine Überlegung - und ich gehe einfach mal frech davon aus, dass der Autor des "Zinn-Model-Artikels" schlichtweg kein Handwerker war, bzw. niemals selbst eine Form hergestellt hat.

Nein, Xorx, Seife kenne ich als Material nicht - wie kriegt man das wieder aus der Form?

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Blaubär » 02.02.2010 21:57

@Mela: Deinen ersten Satz versteh ich jetzt nicht wie du ihn meinst?
Deine Frage mit der Seife beantwortet die Werkburg mit ausschmelzen, rußt nur ein bisschen mehr als Wachs. Die nehmen aber auch im Normalfall Parafin.

Servus,
der Blaubär

PS: Die brauchen auch mit optimiertem Verfahren 52kg Holzkohle für 14 Güsse. Soviel hab ich noch nie verbraucht. Ich weiß nicht was die machen! :?:
Blaubär
 

Beitragvon Dago » 02.02.2010 22:12

Of Topic: Bei den Karolingerzeitlichen Zinn/Bleimodelen wird ein größere Serienfertigung angenommen, sie wurden überwiegend auch in Werkstättenbereiche wie in Mainz / Löhrstrasse gefunden. Da machen solche festen Modele auch Sinn.
Grüsse
Thorsten Seifert
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Beitragvon Mela » 02.02.2010 22:17

Blaubär, der Satz war die Antwort auf [quote]Mir will es halt nicht in den Kopf für ein Fibelpaar ein Model aus Zinn/Blei zu machen und dann nur ein paar Fibeln zu giessen. Den Aufwand find ich ziemlich hoch. Da wäre es doch einfacher, die beiden Fibeln gleich aus Wachs zu schnitzen und zu giessen. Ein Model lohnt sich meiner Meinung nach nur für eine kleine Serienfertigung. Dafür fehlt aber der Fundbeleg. Es gibt kaum gleiche Fibeln, aber sehr viel ähnliche Fibeln.[/quote]
Deine Äusserung, die ich auch so sehe.

52 Kilo für 14 Güsse?! Zu grosser Ofen, würde ich mal sagen...

Kann man die Seife danach auch mehrfach verwenden? Bei Bienenwachs klappt das einwandfrei, mit einem kleinen Verlust.

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Mela » 02.02.2010 22:25

So, habe etwas auf der Seite rumgestöbert - was soll ich sagen? Ich finde einiges an den Rekos und so.... sagen wir mal: orginell...
(Wer in aller Welt macht für ein Randleistenbeil eine verlorene Form :shock: DAS ist jetzt mal wirklich überflüssiger Aufwand...)

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon Blaubär » 02.02.2010 22:35

Ok, ich dachte du findest die These nicht so schlüssig. Wegen der Werkburgleute: Ich finde gut was sie da treiben, aber sie sollten halt auch mal Bücher lesen. Die Rekos mit originell zu umschreiben find ich auch nicht schlecht.
Die Jungs und Mädels haben früher noch mehr Holzkohle verbrannt. Schau dir mal die Fotos an, die haben da mördermäßige Öfen gebaut. Ob man die Seife wiederverwenden kann, hab ich keine Ahnung und die Werkburg schweigt sich aus. So wie es aber klingt, verbrennen sie sowohl Wachs als auch Seife beim ausschmelzen. So verschwenderisch bin ja nicht mal ich, und ich hab die Wachsfabrik vor der Tür.

Servus,
der Blaubär
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