Härten von Stahl

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Härten von Stahl

Beitragvon Dago » 02.03.2008 12:59

Hallo

Ich würde gerne wissen welche Möglichkeiten in der frühen Eisenzeit für das Härten von Stahl gibt.
Welche Techniken sind nachgewiesen?
Grüsse
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Beitragvon Hans T. » 02.03.2008 13:54

Nachgewiesen ist nichts. Wie auch. Obacht zudem mit dem Begriff 'Stahl'. Von einer regelhaften, absichtlichen, metallurgisch begründeteten Produktion von 'Stahl' kann nicht die Rede sein. Was das reine Härten anbelangt, so sind die klassischen Techniken technologisch so einfach, dass man sie ohne weiteres als gegeben ansehen muss. Hitze und Wasser spielte bereits bei der Bearbeitung von Bronzen eine Rolle. Öl etc. ist nun technologisch nicht so weit weg.

H
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Beitragvon Dago » 02.03.2008 14:09

Ich ging eigendlich von der heutigen Devinition von Eisen und Stahl aus. Die Aufkohlung des Eisen ist ja unbeabsichtigt bereits bei der Verhüttung erfolgt.
Grüsse
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Beitragvon Fridolin » 02.03.2008 15:06

Dago,

das Problem ist weniger die Härtung von Stahl als die Aufkohlung des Eisens.

Bezüglich der Stahlherstellung streiten sich die Geister. In der Regel ist die Luppe sehr arm an Kohlenstoff. Sicherlich kann beim Verhüttungsprozess aufgekohltes Eisen entstehen, denn die Prozesse in den alten Schmelzofen sind nicht exakt regulierbar. Und die Argumentation der Archäometallurgen geht auch in die Richtung, dass aufgekohltes Eisen aus der Luppe separiert wurde bzw. sogar gezielt im Schmelzofen hergestellt wurde. Aber wie will man das beweisen? Tatsächlich wurde Stahl recht selten bzw. extrem materialsparend verarbeitet (z.B. als Schneideneinsatz bei Beilen aus gewöhnlichem Eisen)... . Und es gibt einige Beispiele von mittelalterlichen (!) Schmelzplätzen auf der Schwäbischen Alb, wo hoch aufgekohltes Eisen weggeworfen wurde, so werden jedenfalls entsprechende Funde von den Schlackenhalden gewertet. Geht man von dem zufällig entstandenen aufgekohlten Eisen aus, dann gibt es eine nicht unwichtige Einschränkung, was die Weiterverarbeitung angeht: die Kohlenstoffgehalte sind sehr unterschiedlich.

Mir persönlich gefällt die Idee der gezielten Aufkohlung viel besser. Das Verfahren funktioniert so: Eisenbleche wurden zu Röllchen verarbeitet, in ein Gemisch aus Holzkohle und Eisenhammerschlag gegeben und in einem Keramiktopf geglüht. Dabei diffundiert Kohlenstoff aus der Holzkohle in die Oberflächenschicht der Bleche. Der Grad der Aufkohlung hängt dabei ab von der Temperatur und der Dauer der Behandlung. Der Hammerschlag dient zur besseren Wärmeleitung. Leider kenne ich die entsprechende Arbeit nur vom Hörensagen, sie wurde in der DDR publiziert und ist wohl weitgehend unbekannt. Dabei ging es um einen Fund aus (ich glaube) Thüringen. Die so produzierte Menge an aufgekohlten Eisen ist verständlicherweise recht gering, und das entspricht ja auch den Verhältnissen beim Fundmaterial. Als mir jemand dieses Verfahren geschildert hat fiel mir ein frühlatenezeitlicher Fundkomplex ein, der mir vor einiger Zeit untergekommen ist: Ein Keramiktopf, von außen sehr stark erhitzt, zusammenkorrodierte faustgroße Brocken aus Eisenhammerschlag und kleinen Holzkohlestückchen und zusammengerollte Eisenbleche, wird Zeit dass ich mich mal näher damit beschäftige...

Viele Grüße

Fridolin
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Beitragvon Peter N. » 02.03.2008 15:36

Ich ging eigentlich von der heutigen Definition von Eisen und Stahl aus

Heute wird Stahl durch "Frischen" hergestellt d.h. z.B. bei Massenbaustahl im LD-Verfahren.
Dies ist technologisch eine ganz anderer Prozeß da er deutlich über 1000 Grad C. funktz.
Die "Stähle" bis zum s.g. Pudelverfahren sind im sg. Rennofen- resp. -feuer
hergestellt. Dies ist ein Hüttentechnisches Verfahren das unter 1000º C die s.g. Luppe liefert.
Diese Luppe wiederum wird durch die Schmiedetechnik von den darin enthaltenen Schlacke- und
Kohleteilchen zu einem mehr oder weniger kompakten Eisenklumpen verdichtet --> und
damit gleichzeitig in einem ersten Verarbeitungsschritt auch gehärtet.
Diese wurde schon in:
"Erz und Eisen in der Grünen Mark"
Beiträge zum steirischen Eisenwesen der steirischen Landesausstellung 1984
Herausgegeben von Paul W. Roth
Styria Verlag Graz
im Beitrag von Hrn. G. Sperl so beschrieben.
hier z.B.:
http://img222.imageshack.us/img222/4925/unknownuu6.jpg
...hoffe dies hilft weiter
Peter N.
 

Beitragvon XorX » 03.03.2008 08:20

Servus!

Die moderne Definition ist ( nicht archäologisch, sondern metall - fachlich), daß das alles Stahl ist!!!

Reines Eisen ist so gut wie nicht herstellbar und technisch nicht verarbeitbar!

Wenn man heute umgangssprachlich von "Eisen" spricht, meint man meist nicht härtbare Baustähle; mit Stahl werden immer legierte oder härtbare Qualitäten assoziiert. Bei C - Gehalten über 2% isses nichts mehr mit Schmieden, dann haben wir Gußeisen

Soviel zur Definition.

Zur Härtung: Hitze und Abkühlung in Wasser; Öl wurde m. E. nicht verwendet, da auch mit Wasser, je nach Wassertemperatur, Härtetemperatur und z.B. Salzgehalt des Wassers, Stähle mit sehr unterschiedlichen C - Gehalten sicher gehärtet werden können; das braucht halt Erfahrung und Übung, ist diffiziler und fehleranfälliger, bringt aber bei richtiger Ausführung bessere Ergebnisse ( Härtegefüge) als Öl.

der XorX
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Beitragvon Steve Lenz » 03.03.2008 10:54

Die moderne Definition ist ( nicht archäologisch, sondern metall - fachlich), daß das alles Stahl ist!!!


Diesbezüglich hatte ich eine (mich erschöpfende) D iskussion mit einem klugscheissenden Besucher, welcher mir bei der Eklärung eines Hallstattmessers ins Wort fiel. Er war wohl Metaller und ließ die archäologische Terminierung in Zeiten von DIN-Norm nicht mehr gelten. Ich ließ ihn dann für die heutige Zeit Recht haben, was ihm wohl am Sonntag Vormittag vor Frau und Kind wichtig war. :wink:
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Beitragvon Nils B. » 03.03.2008 11:27

Was ist eigentlich von der Härtung in Tierblut zu halten?
Oder ist das mal wieder eine Legende?
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Beitragvon Dago » 03.03.2008 12:03

Ich ging halt auch von der modernen Devinition von Stahl und Eisen aus :shock:
Grüsse
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Beitragvon Trebron » 03.03.2008 12:06

Bathanatos hat geschrieben:Was ist eigentlich von der Härtung in Tierblut zu halten?
Oder ist das mal wieder eine Legende?


Angeblich hat man ja auch schon Delinquenten für Todesstrafe als "Härtemittel" benutzt :shock:
Jede "schnelle" Abkühlung stabilisiert das Gefüge des Stahls nach der Umwandlungstemperatur.

Aber ich glaube die oben beschriebenen Methoden fallen ins "kultische-mythische".
http://books.google.de/books?id=c3zrJD0 ... Sucs&hl=de

(oben rechte Seite - Drachenblut )

Wobei ja Blut als organisches Material Kohlenstoff enthält, könnte eine minimale Aufkohlung im Schneidenbereich / Oberfläche möglich sein. Ich möchte das aber bezweifeln.

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Beitragvon Nils B. » 03.03.2008 12:33

Da gibt's natürlich diverse Mythen, von Siegfried bis Moby Dick.
Habe hierzu jedoch vor Jahren einen durchaus ernstgemeinten Artikel gelesen. Allerdings in einer Ausgabe der PM *hüstel* :oops:
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Beitragvon Dago » 03.03.2008 12:42

Eine Frage hätte ich noch, ist schon so etwas wie angesetzte Schneiden bekannt?
Grüsse
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Beitragvon Skelmir » 03.03.2008 17:15

Also ich bin da gar nicht soo sicher das das Härteverfahren schon so bekannt war. Aber es ist nun auch schwer auf die Frage zu antworten, da frühe Eisenzeit auch ein weiter Begriff ist. Wenn ich mich nicht total irre, hat der olle Tacitus doch geschrieben, das die Qualität der germanischen Schwerter so unterschiedlich und teilweise so schlecht sei, das sich einige nach wenigen Schlägen hinter die Linie zurückzogen um ihre verbogenen Schwerter mit dem Fuss wieder gerade zu biegen.

Daraus lässt sich zumindest die unterschiedliche Qualität des Raseneisenerz feststellen. Ich für meinen Teil denke, das zumindest in dieser Zeit das härten (noch) nicht bekannt war bzw. eher Glück oder Zufall war. Werd mal die Stelle raussuchen.

Ne andere Möglichkeit wäre natürlich eine metallurgische Untersuchung. Kennt jemand eine aus der Zeit `?
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Beitragvon Chris » 03.03.2008 17:33

wobei Tacitus definitiv nicht unter "Frühe Eisenzeit" fällt..... und der Inhalt nicht 1:1 als wahrheitsgetreue Überlieferung gesehen werden sollte, gerade solche Passagen, die eher dazu dienten, den römischen Soldaten die Angst vor den schlecht bewaffneten Germanen zu nehmen :wink:
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Beitragvon Fridolin » 03.03.2008 17:52

Dago

ja, es gab angesetzte Schneiden aus Stahl, darauf habe ich oben bei den Beilen bereits hingewiesen.

Bathanatos,
die überlieferte Herstellungsweise von Wielands Sachwert (Vermischung der Eisenspäne mit Vogelkot) muss nicht unbedingt kultisch gedeutet werden, es könnte ein verklausulierter Hinweis auf eine irgendwie geartete Nitrierung des Eisens sein (?Werkstattgeheimnisse?). Es gibt Untersuchungen dazu, die entsprechende umfangreiche Literatur kenne ich aber nicht.


Viele Grüße

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