Metallverhüttung und Giftgase

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Beitragvon Fridolin » 14.10.2009 11:21

Ich hab? mich mal schlau gemacht, also: Das primäre Kupfererz aus dem Troodos?Massiv Zyperns ist Kupferkies, arsenfrei, aber mit etwas Zink. In der Abluft dürfte man also Zinkoxidstäube finden, dazu kommen vermutlich Schwefeloxide (je nach dem, ob und wie erfolgreich das Erz geröstet wurde).

Zur Gesundheitsgefährdung durch ZnO:

Einatmen oder Verschlucken kann zu Gesundheitsschäden führen.
Kann Atemwege und Augen reizen.
Kann Gesundheitsstörungen wie Magen-Darm-Beschwerden, Übelkeit, Erbrechen, Durchfall und Fieber verursachen.
Das Einatmen von Zinkoxid-Dämpfen/Nebeln kann ein Metalldampffieber verursachen.

Hygienemaßnahmen
Einatmen von Stäuben vermeiden!
Usw.
Quelle: www.gischem.de/download/01_0-001314-13- ... _1_1_1.PDF


Was den Aufbau der Öfen angeht kann ich Mela nur zustimmen, Theodor. Der Aufbau der Verhüttungsplätze in der Fläche ist nicht das Problem. Die Fragen beziehen sich auf den Aufbau der Öfen selbst: welche Form, welche Höhe, welches Volumen, Gichtdurchmesser, wie viele Düsen und in welcher Höhe, Blasebälge, Einbauten, Schlackeabstich. Im Prinzip sind es dieselben Fragen, die man zu den Rennöfen der Eisenverhüttung hat. Es gibt regional unterschiedlich aufgebaute Öfen. Und natürlich hat sich die Technologie immer weiterentwickelt.

Zusätzliche Fragen betreffen den Betrieb der Öfen bzw. die Verhüttung der etwas komplexer zusammengesetzten Erze. Erze sind Naturprodukte, da gibt es Beimengungen anderer Erze und unterschiedliche Gangarten. Während sich die oxidischen Kupfererze relativ simpel zu Kupfer reduzieren lassen (und Kupfersulfide einfach durch Rösten in Kupferoxid überführt werden können) ist die Verhüttung von Kupferkies (CuFeS2) schon deutlich schwieriger, hier muss nämlich zuerst das Eisen abgetrennt werden. Und die variable Zusammensetzung der Fahlerze mit ihren unerwünschten oder erwünschten Beimengungen (u.a. Arsen, Antimon, evtl. Quecksilber, Silber) ist ein Fall für sich.

Viele Grüße

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Beitragvon Fridolin » 14.10.2009 11:47

Zum Thema passt folgende Meldung:

Versicherungen und Sterbekassen im alten Rom
http://history.mediaquell.com/2009/10/1 ... n-rom-839/
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Beitragvon Manu » 14.10.2009 18:26

Warte mal ulfr, bevor du verschiebst, hätte ich da noch eine Frage:

Kann Bronze eigentlich öfters "wiederverwertet" bzw. eingeschmolzen werden? Ohne Qualitätsverlust? Oder geht es gar nicht? Was passiert mit dem Zinn beim erneuten Einschmelzen?

(Jetzt da ich schonmal Kenner an der Hand habe) :?
:mammut1:
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Beitragvon Hans T. » 14.10.2009 18:51

Was passiert mit dem Zinn beim erneuten Einschmelzen
Das verbrennt ggf. Man muss da nachlegen, wenn man die Legierung im selben Mischungsverhältnis halten will.

Was für mich das Problem ist: Wie wurde eigentlich Zinn verhandelt? In welcher Form? Das keines mehr im Fundgut ist, ist ggf ja durch "Zinnpest" erklärbar, aber irgendwie befriedigt mich das nicht.

H
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Beitragvon Fridolin » 14.10.2009 19:41

Wie Hans schon bemerkte kann ein Teil des Zinns beim Aufschmelzen der Bronze zum Zinnoxid oxidieren. Das Zinnoxid bildet winzige längliche Kristalle, die auf der flüssigen Bronze schwimmen, die Bezeichnung für diese Zinnoxidschicht ist "Dross".
Das Recycling ist für die Qualität der Bronze nicht ganz unproblematisch, z.B. wenn bleihaltige Bronze mit aufgeschmolzen wird. Schon ganz wenig Blei macht die Bronze spröde und brüchig, sie lässt sich dann nicht mehr zu Blechen ausschmieden.
Gut, es gibt verschiedene Reinigungsverfahren. Hohe Bleianteile kann man abseigern lassen (in Bronze lösen sich max. 4 % Blei, der Rest sinkt nach unten = Schwerkraftseigerung). Zusätzlich kann man Kupferlegierungen von chemisch unedleren Bestandteilen durch Raffination reinigen. Aber vielleicht hat man von vorne herein verschiedene Qualitäten (z.B. gegossene und geschmiedete Bronze) einfach nur getrennt gesammelt und recycelt?

Viele Grüße

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Zuletzt geändert von Fridolin am 14.10.2009 19:43, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon pinguin » 14.10.2009 19:42

Hier ist er der "Zipfelkappenofen" für Atemmaskenträger von Walter Fasnacht:
Bild
Auf jeden Fall sieht das richtig sicher und professionell aus.

:lol:
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Beitragvon makenshi » 14.10.2009 21:47

Also der Ofen sieht ja wirklich toll aus. :wink:
Zur Wiederverwendung von Bronzen kann ich eigentlich nur Glocken- oder Geschützgießer des Spätmittelalters bzw der (Frühen) Neuzeit anführen wo die Bronze bei Fehlgüssen direkt wieder eingeschmolzen wird. Auch manche Depotfunde werden als "Recyclingmaterial" gedeutet, wenn ich mich nicht irre. Ich weiß aber nicht ob es beim erneuten Einschmelzen zu Problemen kommen kann. :oops:
makenshi
 

Beitragvon Hans T. » 15.10.2009 07:38

einfach nur getrennt gesammelt und recycelt?


Lässt sich aus den Hortfunden nicht herauslesen, denke ich. Zumindest aus denen, die ich kenne. Da ist zB gegossener Schmuck, nachgeschmiedete Sicheln, Waffenbestandteile und Beile etc wild durcheinander. In einem unserer eigenen Hortfunde sind zudem richtig 'schaumige' Gusskuchen (!) aus Kupfer (keine Bronze!) mit dem Bronzematerial vergesellschaftet. Gut, kein Mensch weiss, was Hortfunde denn nun wirklich sind, aber 'sauber getrenntes' Recycling ist im Moment schwierig aus den Befunden abzuleiten
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Beitragvon Thomas Trauner » 15.10.2009 07:57

Geschmiedete Sachen in Form von Bronzephaleren sind zumindest in der UK mit in den Horten. In Ha wüßte ich allerdings jetzt keinen Fall.....

Thomas
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Beitragvon Fridolin » 15.10.2009 09:52

Hans und Thomas, Ihr habt natürlich Recht. Es macht keinen Sinn Bronze getrennt nach Blechen und Gussstücken zu sammeln. Bei Bedarf kann der Bronzeschmied die Trennung nach Guss- und Blechresten unmittelbar vor dem Einschmelzen vornehmen, er kann sogar nach der Färbung (z.B. zinnarme und zinnreiche Bronzen) trennen. Damals war das Zeug ja noch nicht grün patiniert... Wenn er nur gießen will ist die Trennung nicht unbedingt notwendig, da eignet sich fast jeder Schrott (afrikanische Gießer trennen nicht einmal Messing und Aluminium...).

Makenshi, Belege für Metall-Recycling gibt es genug. Einmal die zahlreichen einschlägigen Depotfunde, z.B. germanische Depotfunde, die aus zerteilten römischen Buntmetallstücken bestehen. Es gibt aber auch Hinweise über die Spurenelementanalyse: Germanische Metallfunde des 3. und 4. Jahrhunderts haben z.T. "typisch römische" Spurenelementanteile. Dann gibt es die Beobachtung, dass sich im Laufe der Zeit die lagerstättentypischen Spurenelementmuster immer mehr verwischen (je länger bzw. öfter recycelt wurde), so dass die Spurenelemente sich nicht mehr zur Herkunftsbestimmung des Metalls benutzen lassen.
Gesammelt wurde jedes Fitzelchen Altmetall. Beispiel: Im Kelheimer Mitterfeld fand man die Abfälle einer Bronzegießerwerkstatt (LT D1). U.v.a. gab es da die Reste eines Gusstiegels, in dem mm-große Drehspäne aus Bronze gesammelt aber nicht mehr aufgeschmolzen wurden.


Viele Grüße

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Beitragvon pinguin » 15.10.2009 10:59

Das Recyceln von Bronze ist üblich und für manche Phasen wie der spätesten Bronzezeit HaB sogar typisch. Dies macht Kupferherkunftsanalysen oft unmöglich. Bronzehorte zeigen in der Spätphase der UK einen ansteigenden Anteil an Altmetall und wie oft schon diskutiert eine Verknappung der Rohstoffe an, die anscheinend nicht mehr so leicht wie am Anfang zu haben waren. Ähnliche Erscheinungen gibt es im mediterranen Raum.-
Der Zinngehalt läßt sich -wie Fridolin andeutete- für das geübte Auge beinahe auf das Prozent genau ermitteln, sodaß der geübte Schmelzer über Zuschläge und Tricks steuern und das gewünschte Endprodukt mal flexibel mal hart bis spröde gestalten kann.
In der Endbronzezeit gibt es allerdings über die Verunreinigung durch Blei vermehrt Probleme. Krise?
Am besten ging es Ihnen, wenn es freien Zugang zu den Kupfer- und Zinnquellen gab und nichts den freien Handel beeinträchtigte. Gute Zeiten sind Goldene Zeiten. Gilt auch für Bronze, weil dann der Zinnanteil zwischen 7 und 13 Prozent liegt. :wink:
pinguin
 

Beitragvon Fridolin » 15.10.2009 12:31

Ab wann wurde hierzulande Silber aus silberhaltigem Bleiglanz mit dem Treibprozess gewonnen ? Dann nämlich wurde Blei zum billigen Abfallprodukt der Silbergewinnung und konnte den Markt regelrecht überschwemmen. (der rel. häufige Bleiglanz PbS kann 1-2% Silber enthalten). Das war keine saubere Sache, Bleivergiftungen waren sicherlich keine Seltenheit (und damit sind wir wieder beim Thema).

http://www.zeno.org/Lueger-1904/A/Silber+%5B2%5D
scrollen bis [117] c) Der Treibprozeß.


Viele Grüße

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Beitragvon Mela » 15.10.2009 13:40

@Bildli: Da Walter da mit "meinen" Studis arbeitet ( :wink: naja, KollegInnen) bin ich schon froh, wenn sie lieber auf der ganz sicheren Seite sind.

@Recycling: *hüstel* Ich verweise gerne nochmal auf meinen Artikel in der Bilanz 2004 - da geht es genau um das Thema. (Wer keinen Zugang hat, kann mich auch anmailen, ich schicke gerne einen Sonderdruck :D )

Liebe Grüsse

Mela
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Beitragvon pinguin » 17.10.2009 17:14

@Recycling: *hüstel* Ich verweise gerne nochmal auf meinen Artikel in der Bilanz 2004 - da geht es genau um das Thema. (Wer keinen Zugang hat, kann mich auch anmailen, ich schicke gerne einen Sonderdruck :D )

Gut Mela - das war eine Steilvorlage

Bilanzen der Experimentellen Archäologie gibt es supergünstig und im Paket noch billiger unter:

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und wenn man bei EXAR Mitglied ist, gibts die jährlich neu umsonst!
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