Dechselklingen aufbinden

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Dechselklingen aufbinden

Beitragvon Blattspitze » 05.10.2010 14:52

Hier ein link mit interessanten Bildern aus Neu Guinea, die Phasen der Wicklungsbefestigung einer Dechselklinge zeigen:

http://www.scoop.co.nz/stories/HL0711/S00445.htm

Mit welchen einheimische Pflanzen (-teilen), wäre wohl eine vergleichbare Befestigung möglich?
Gruß M.
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Beitragvon ulfr » 05.10.2010 14:58

Sehr schön, danke, noch mehr Bilder wären nett gewesen.
Hier zulande kämen wohl (gespaltene) Waldrebe, Linden-, Weiden- und Ulmenrinde und evtl. Nadelbaumwurzeln infrage.

Ich hab ja so einen Dechsel und würde die Wicklung gern mal auflösen, um zu gucken, wie dem geht, aber ich hab Angst, dass ich´s anschließend nicht wieder zusammenbringe...
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Beitragvon Blattspitze » 06.10.2010 08:27

noch mehr Bilder wären nett gewesen.

Du hast recht, ich schick` da nochmal einen hin!

Ich frage mich, ob auch gespaltene Weidenästchen funktionieren? Korbflechter können ja aus Weide ganz vorzügliche Dinge machen ...
Hinweise auf Bindematerialien für Dechselschäfte liegen aus Feuchtbodenfunden bislang nicht vor, oder?
Gruß M
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Beitragvon ulfr » 06.10.2010 09:16

Ich glaube, das Problem bei Weidenästchen wäre, dass sie nicht lang genug sind. Ich meine, dass eine solche Bindung nur funktioniert, wenn sie aus einem Stück gemacht ist, da man sonst die nötige Spannung der Wicklung nicht erreicht. Die Wicklung muss schon sehr fest sein, wenn sie ohne hinteren Anschlag funktionieren soll, und die Dechselklingen in der Südsee sind ja nur aufgebunden. Weidenruten werden in der benötigten Dicke selten länger als 2-3 m, für eine Dechselbindung müsste es wohl aber viel mehr sein. Schon in die Wicklung eines Dolches gehen 6 m Waldrebe ein.
Reste von Wicklung sind mir nicht bekannt, an irgendeinem Dechsel hat man aber Spuren einer Wicklung beobachtet (Beitrag Weiner irgendwo in den ExpArch-Bilanzen, Dechsel von Satec???) Die war aber meiner Erinnerung nach ganz normal ausgeführt, also immer im Kreis rum, nicht so aufwendig wie in Papua.
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Beitragvon Blattspitze » 06.10.2010 10:13

Die von Weiner und Pawlik beschriebenen Spuren waren, glaube ich, Schnittspuren? Muß ich nochmal nachlesen ...

Hier zwei Bilder von einem "Knap-In" in Neu Guinea irgendwann in den achtzigern:
Bild
Nach dem, was da vorne rechts vor dem Kollegen liegt, gute Arbeit...

Bild
Alles "direkt harte", bzw. bei Verwendung von "weicheren" Schlagsteinen "direkt weiche Schlagtechnik"...

Hier noch ein link zu einer Seite mit Filmaufnahmen aus Neu Guinea 1926:
http://www.sil.si.edu/expeditions/1926/video/index.cfm

Film Nr. 25 zeigt gleich am Anfang den Gebrauch eine Steinbeils. Da wird mit hoher Frequenz und scheint`s auch viel Kraft zugeschlagen …
Interessanterweise wurden in Neu Guinea geographisch getrennt, aber gleichzeitig, von einigen Gruppen nur Dechsel und anderen Gruppen nur (Grad-) Beile verwendet.
Kultur vs Technologie...?
Gruß M.
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Beitragvon LS » 06.10.2010 12:15

Hallo,
der insgesamt noch schache WP-Artikel
http://de.wikipedia.org/wiki/Schuhleistenkeil
wird (so wie viele andere) im kommenden Semester im Rahmen einer Übung mal überarbeitet. Die Weiner-Artikel stehen jedoch drin in der Lit-liste. Ich hab da gerade noch ein paar Sätze zur Schäftungsweise eingebaut, die sich zum Teil auf die Diskussion hier beziehen.

Gruß L
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Beitragvon Thomas Trauner » 07.10.2010 18:32

Vielleicht sollten wir jetzt wg. des Bindematerials nicht allzu sehr an die Bedingungen eines Tropischen Urwaldes denken... :D
Für das Neolithikum hätte ich jetzt keine argen Bauchschmerzen mit Schnüren aus Hanf/Leinen. Leder ist wohl tatsächlich zweite Wahl, vielleicht Schnüre aus geflochtenen Streifen....aber na ja.
Ich denke der BZ-zeitliche Fund, siehe u.a. den erwähnten Wikipedia Artikel, fällt arg aus dem Rahmen. Persönlich halte ich diesen Schuhleistenkeil eher für ein "wertvolles Objekt" aus dem Besitz des wohl "reichen" Mannes....
Und Bast und Grasmaterial geht natürlich auch. Und vielleicht auch Unterstützung mit Pech ?

Thomas
Thomas Trauner
 

Beitragvon Blattspitze » 07.10.2010 21:33

Danke Leif!
Hennigs Hinweis ist Wasser auf meine Mühlen bzgl. Interpretation des Gletschermann - Beils. :twisted:
Gruß M.
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Beitragvon Thomas Trauner » 08.10.2010 08:12

Marquardt,

was meinst Du ? Was denkst Du wg. Ötzis´Beil ?

Thomas
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Beitragvon Blattspitze » 08.10.2010 08:46

Wie schon an anderer Stelle hier im Forum (Wo denn noch???) ausgeführt und intensiv diskutiert, halte ich das Beil vom Tisenjoch nicht für ein Werkzeug, sondern primär für eine Waffe.
WesentlicheGründe:
-Bindung sehr dicht (3,2cm) an der Schneide, dabei relativ ungeschützt beim Eindringen in Fällkerben, ständiger Kontakt mit spitzen und halb gelösten Holzspänen sowie Holzfeuchte
-Personen die eine solche Beil-Reko zur praktischen Arbeit nutzen, fassen meist unwillkürlich in Holmmitte an. Die Schaftlänge wäre, als Werkzeug betrachtet, die eines (schweren) Fällbeiles? Die Dimensionen und Holzart der Zwingenschäftung halte ich dabei für eher zu schwach und ungeeignet.
-Befund- und Auffindungssituation deutet nicht auf Arbeitsaufenthalt in den Hochalpen hin, sondern auf eine kriegerische Auseinandersetzung
-nach Egg wurde die Kupferklinge nicht durch Dengeln verdichtet(?)
Ich erinnere, das Ulfr allerdings die gute Eignung des Beils nach eigenen Erfahrungen betont hat.
Gruß M.
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