Kugelkopfkeule

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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Steve Lenz » 27.11.2011 10:33

Bild

Mal so als ethnischen Vergleich. Die Warclubs sind meistens aus einem Stück Holz gefertigt, des öfteren zusätzlich bewehrt mit Klingen, Dornen, Nieten. Ich hatte schon welche in der Hand. Eine übelst schnelle Waffe mit hoher Wirkung allein schon aus dem Handgelenk.
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Trebron » 27.11.2011 10:51

wagrier hat geschrieben:ich bin schon länger mit diesem Thema am "tüfteln" und dieses ist dabei entstanden.

http://www.steinharteknochentechnik.magix.net/website/#Kugelkeule

Ein weiterer Schäftungsversuch ist unter dem Link "Scheibenkeule" zu sehen, aber bitte nicht lachen. :mammut2:


Gruss, Manfred


Interessante Methode :mammut2: Wenn der Stiehl abgeschnitten ist und austrocknet, hat er dann kein Spiel ? Heraus rutschenn kann er wohl nicht, lediglich etwas drehen, was zu vernachlässigen wäre, cool :rhino:

Aaaaber langwierig in der Herstellung :mammut2:
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon ulfr » 27.11.2011 11:31

Wagrier, genau Deine Schäftungsmethode hätte ich angewendet, wenn meine Durchlochung sanduhrförmig gewesen wäre. Für die aufgekeilte Schäftung gibt es meines Wissens keine Belege, zumindest nicht aus der Europäischen Steinzeit. Edith sagt aber, bei der Doppelaxt von Cham-Eslen aus der Schweiz wurden im Bereich des Schaftloches Keile aus Geweih gefunden.

Auch die Schäftung der Scheibenkeule finde ich sehr interessant, bin gespannt, wie fest die Scheibe nach dem Trocknen des Holzes sitzt. Für diese Art Montage gibt es Anhaltspunkte: In Polen wurden noch in historischer Zeit Flintklingen im Winter in lebende Kreuzdornäste eingesetzt. Das Holz umwallte die Klingen, und im Sommer konnte die fertige Waffe "geerntet" werden.

Hugo, der Eibenschaft federt nicht, dazu ist er noch zu dick, und: ja, Robert, das war mal ein Bogenwurfarm :D

LS, als Netzsenker wäre mir die Herstellung doch zu aufwändig, 15 - 20 h nur für einen Lochstein, den man ohne große Mühe fertig am Strand auflesen kann? Auch die Netzsenker vom Bodensee waren bestenfalls rundum gerillt.

Allerdings glaube ich festgestellt zu haben, dass viele der Kugelköpfe nicht feinst geschliffen und poliert waren, sondern eher eine raue Oberfläche aufweisen, ich werde dem mal nachgehen. Das könnte darauf deuten, dass es sich nicht unbedingt um Waffen gehandelt haben muss, sondern um schlichte Schlägel (für welchen Zweck auch immer), und die raue Oberfläche sollte für mehr "Grip" sorgen??
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon hugo » 27.11.2011 11:54

nochmals: schließ Dich mit Eric Biermann kurz. Er hat fast alle Keulenköpfe erfasst.
Bei der Schäftungsanfrage bleib ich auch stur. Hasel gabs zuhauf, Eibe seltener und die Stahlrute ist sicher auch keine Erfindung des 20.igsten Jh.
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon ulfr » 27.11.2011 12:00

Auch Hasel würde bei der Dicke (25 mm) und Länge (65 cm) noch nicht federn, und ich denke, nicht einmal Weide. Dafür müsste man mit dem Querschnitt noch viel weiter runtergehen, so ab 15 mm würde es interessant. So klein sind die Bohrungen bzw. Pickungen aber nicht. Mit Erik werde ich mich kurzschließen, danke!
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon LS » 27.11.2011 16:06

@Ulfr, es gibt durchaus durchlochte Netzsenker. Allerdings wohl eher an Uferrandsiedlungen und meist aus Sandstein, so dass ich auf den Scharfsinn der Archäologen baue, das ggf. als Alternative einzubeziehen. Ich wäre auch ein großer Freund der exzentrisch angebundenen Geröllkeule, allerdings glaube ich, dass es im hiesigen Neolithikum gar nicht so viele kugelrunde gibt. Viele sind abgeplattet. Bei zylindrisch gebohrten Keulenköpfen liegt die mittige Schäftung nahe, deswegen (siehe oben) wäre ja denkbar, dass es zwei Befestigungsweisen gab.

Grüße,
L.
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Manu » 27.11.2011 16:52

Also, ich bin mir nicht sicher, ob das unbedingt eine Keule/Waffe war oder vielleicht doch zu etwas anderem Verwendung gefunden hat.
Vielleicht das Brechen von Flachs- bzw. Pflanzenfasern? Rund damit die Faser nicht zu stark verletzt wurde. Oder fällt euch sonst noch was ein ? Zerkleinern von glöschtem Kalk? Steaks weichschlagen :wink: ...
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Steve Lenz » 27.11.2011 17:40

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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 27.11.2011 17:54

@ Hugo
dein Hinweis auf die Haselschäftung kann ich nur zustimmen.
Ich habe am oberen Ende von dem Schaft einen Dm von 16 mm und er ist 530 mm lang.
Das gute Stück ist sehr biegsam und elastisch. Habe div. Schlagversuche auf nicht allzu harte Materialien
durchgeführt, die Haselschäftung bog sich entsprechend. Die Schläge wurden auf einen mit Sand gefüllten
Ledersack, auf dicker Baumrinde und einem modernden Baumstubben ausgeführt.
Es waren "federnde" Schläge, die mit voller Wucht ausgeführt wurden.
Das Haselholz eignet sich besonders gut für eine "Keilfixierung", da der spitz zulaufende Holzkeil das
Haselholz "sternförmig" nach allen Seiten quellen lässt.
(eignet sich besonders bei Sanduhrbohrungen)
Nicht angespitzte sondern quer eingeschlagene Keile lassen das Schäftungsholz nur nach li. und re.
austreiben.
Das der Schaft möglichst nie in warmen Räumen gelagert werden sollte ist sicher bekannt.
Draussen an der frischen und feuchten Luft bleibt er sehr lange biegsam und flexibel.

Nun zu meiner Vermutung mit der Haselschäftung:
Bei einer Grabung hier in SH sind vor etwa 5 Wochen zwei Kugelkeulenköpfe mit Resten einer Schäftung
gefunden worden. Eine der Kugelkeulen ist aus FLINT. Ich habe leider keine näheren Einblicke in deren
Löcher vornehmen können, da die Hölzer noch in ihnen steckten. Von div. Grabungen kenne ich Haselhölzer
aus dem Feuchtboden, und diese in den Keulen sehen denen sehr ähnlich. Nun muß abgewartet werden was
die näheren Untersuchungen ergeben. Der Dm der Fundstücke müsste so etwa 7 cm sein, der eine
Schäftungsstab ist ca.550 mm lang. Zum Dm kann ich nichts genaueres sagen, denke aber unter 25 mm.
Eric hat die Fotos von mir erhalten, er war-ist hingerissen.

Gruss, Manfred
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon Steve Lenz » 27.11.2011 17:56

Zur Schäftungsfrage, insbesondere der Asymmetrie:

Wir haben später die Stabdolche und diese nordischen "Krummschwerter" mit dem radikal gebogenen Ortbereich. Vielleicht sind das ja keine Schwerter, sondern die bronzenen Nachfolger von Stein- oder Holzschlaggeräten. Bronze lässt ganz andere Formen zu und irgendwann entwickelt sich ein Design in etwas völlig anders aussehendes. Marquard hat sowas doch mal nachgebaut:

viewtopic.php?f=58&t=2342
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon hugo » 27.11.2011 18:39

@Hallo Wagrier,
heuer bist Du in Ottenstein abgegangen. Treffen wir einander nächstes Jahr in Herxheim?

herzlichen Gruß
hugo
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 27.11.2011 18:45

Hallo Hugo,
ja,ich hoffe nächstes Jahr wieder dabei zu sein.
Gruss Manfred
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon wagrier » 27.11.2011 23:26

habe hier einige Fotos von dem geschäfteten Fundstück hochgeladen, es sind leider nur Handyfotos und
die Flintstein Kugelkeule ist nicht dabei.
http://www.steinharteknochentechnik.magix.net/website/#Kugelkeulen%201
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon FlintSource » 28.11.2011 00:53

Da kann ich Hugo nur beipflichten, wenn man sich mit Keulen auseinandersetzt, führt kein Weg an Eric Biermann vorbei. Er hat mir auch die Fotos von Wagrier zu dem Neufund weitergeleitet. Traumhaft, erst jetzt wird mir klar, dass die Schäftung auch noch verziert ist. Die Einwuchsmethode für Keulenköpfe finde ich durchaus interessant, aber mit den sehr wenigen Funde (was gibt es neben den von Wagrier erwähnten Teilen und Friesack noch an Keulenköpfen mit Schäftungen? Ich werde Eric mal fragen) ist sie wohl noch nicht nachgewiesen. Wie sieht es da mit ethnografischen Parallelen aus?

@Leif: Besseres Shampoo benutzen, wenn das Teufelchen auf deinem Schulter solcher Blödsinn einflüstert. Ich gehe da mit Ulfr, für Netzsenker sind mir die Köpfe (ich habe in DD aus LBK-Kontext übrigens auch zwei halbe kugeligen) viel und viel zu arbeitsintensiv.

Schlagversuche: Schwein ist aufgrund der steilen und sehr massiven Stirn das möglichst ungeeignetste Opfer, dann besser Schaf. Das wird wahrscheinlich ein ziemlicher Trümmerhaufen, der Keulenkopf alleine wird doch bereits an die 1000 Gramm wiegen? Auch hier wieder klasse Arbeit Ulfr.

Edit: Für wen sich fragt, was das mit der Frage von Hugo an Wagrier auf sich hat: Die AG Werkzeuge und Waffen trifft sich vom 6. bis 8. September 2012 in Herxheim bei Landau (Trebron-Country). Das Thema wird 'Die Schneide' sein, eine ausführlichere Ankündigung folgt in den nächsten Tagen auch hier im Forum.
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Re: Kugelkopfkeule

Beitragvon LS » 28.11.2011 14:51

http://museen-sh.de/ml/digi_einzBild.ph ... suche&r=33
gefunden am Gotinger Strand auf der Nordsee-Insel Föhr. ... Oder haben die ihre Geröllkeulen ins Wasser geschmissen?
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