Schaftüberzug am Nockende?

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Schaftüberzug am Nockende?

Beitragvon Blattspitze » 20.09.2010 07:53

Nach dem gestrigen Besuch der Ausstellung "Amazonien" im Dresdener Japanischen Palais über Indianer in den verschiedenen Gebieten des Amazonasbecken war ich von den dort zahl- und variantenreich ausgestellten verschiedenen Pfeilen und Bogen in diesem Gebiet besonders beeindruckt (Nicht nur für P&B-Begeisterte sehr interessant).
Mir ist aufgefallen, dass auch dort bei einigen Gruppen ein schwarzer Überzug (gem. Ausstellungstext "Harz") im Befiederungsbereich verwendet wurde. Aus Europa kennen wir dafür ja ebenfalls Beispiele aus dem Mesolithikum, Neolithikum und der Eisenzeit, evtl. auch aus späteren Zeiträumen.
Gibt es neben Schmuck eine funktionale Erklärung für diesen recht hohen Aufwand?
Ausser Imprägnierung gegen Feuchtigkeit in einem Bereich, wo man schwierig nachbiegen kann fällt mir nix ein...
Gruss M
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Beitragvon ulfr » 20.09.2010 09:45

In erster Linie wird es sich natürlich um Klebstoff für die Befestigung der Federfahnen handeln :D
Harm meinte allerdings mal, dass das Birkenpech auch dazu dient, die Fäden der Spiralwicklung gegen Verrutschen/Verschieben beim Abschuss zu sichern.
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Beitragvon Blattspitze » 20.09.2010 17:23

In erster Linie wird es sich natürlich um Klebstoff für die Befestigung der Federfahnen handeln

Tatsächlich haben ich genau daran begründete Zweifel. Sowohl bei Herrn Ötz als auch am Amazonas sind zusammen mit der schwarzen Masse stets penible und enge Wicklungen vorhanden, die allein völlig zur Befestigung ausreichen. In Südamerika sind außerdem gewickelte Federfahnen ohne Kittklebstoff ebenfalls sehr verbreitet.
Ich erinnere mich auch, das das Erhitzen des Pechs nach Anbringung der ersten Federfahne eine heikle Angelegenheit werden kann ...
Harm meinte allerdings mal, dass das Birkenpech auch dazu dient, die Fäden der Spiralwicklung gegen Verrutschen/Verschieben beim Abschuss zu sichern

Eher diese Richtung, wobei nach meinen Erfahrungen die Bindung im Pech schön versinkt. Vielleicht um die Bindung allg. vor Zerstörung zu schützen?
Gruß M
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Beitragvon ulfr » 20.09.2010 18:17

Blattspitze hat geschrieben:Ich erinnere mich auch, das das Erhitzen des Pechs nach Anbringung der ersten Federfahne eine heikle Angelegenheit werden kann ...


So mache ich es nicht. Es genügt, das Pech aufzutragen, einmal zu erwärmen und dann die Federfahnen alle drei aufzukleben und dann gleich zu wickeln. Durch das Halten des Wicklungsfadens und des Pfeilschaftes mit den Fingern bleibt das Pech durch die Körperwärme geschmeidig genug, damit die Wicklung im Pech versinkt, und die Fahne wird durch den Druck mit der darunter liegenden Pechschicht verbunden.

Ich teile ansonsten Deine Meinung,, dass das Pech die Befiederung schützen soll.
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Beitragvon Blattspitze » 21.09.2010 06:53

Es genügt, das Pech aufzutragen, einmal zu erwärmen und dann die Federfahnen alle drei aufzukleben

Wow, das habe ich mit einmal erwärmen noch nie geschafft! Maximal konnte ich bislang die unteren Enden auf ca. 1-2cm Länge in Position bringen danach wurde mein Pech hart. Das mag aber auch mit der von mir gewählten Produktionsweise zusammenhängen. Ich hab`s wie von J. Weiner erstmals beschrieben produziert, also alles in einem Gefäß ohne unteren "Doppeltopf". Dabei kommt oft relativ hartes Material heraus, dennoch ziehen sich die Fäden in das Pech.
Ich habe auch mit einem heißen Stein den Bereich unter den Federfahnen nachgezogen.
Gruß M.
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Beitragvon Thomas Trauner » 21.09.2010 08:30

Mich wundert die Verwendung des Birkenpechs komplett um den Schaft nicht. Theoretisch würde ja ein schmaler Streifen unter der einzelnen Feder auch reichen. Durch das komplette Einstreichen kann man aber die Feder einfach sicherer und bequemer dort aufbringen, wo sie hin soll.
Was das Wärmeproblem angeht....Meine zwei Birkenpechsorten verhalten sich sehr unterschiedlich. Eines reagiert wie von Marquart beschrieben, eines wie ulfr meint. Wobei ich das letztere auch von ulfr habe... :D

Ein wenig nachwärmen hilft aber im ersteren Fall schon. Dabei hilft aber tatsächlich die Handwärme oder das Sonnenlicht oder eine seitliche Annäherung an eine Wärmequelle.
Ein wenig tricky bleibt es aber auch für mich immer..... :roll:

Thomas
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Beitragvon Merha » 21.09.2010 19:41

Dazu kann ich auch meinen Senf geben. Es ist schon einiges Interessantes gesagt worden. Ich gebe mal meine Erfahrung wieder. Obwohl, Antwort auf die Eingangsfrage habe ich auch keine.

Ich habe mal einen Film gesehen, indem ein Amerikaner nur mit den Händen, ohne Hilfsmittel, gleichzeitig drei Truthahnfedern in zwei Minuten auf den Schaft gewickelt hat. Und die Wicklung hält und sieht perfekt aus auch ohne Kleber.

Ich mache es nur noch so, wie von Thomas beschrieben: ich trage einen schmalen Streifen auf und klebe damit dann die Federn. Ich mache das so, weil es mir gefällt, es am einfachsten zu verarbeiten ist und die geringste S..erei gibt. Darum kommt dann eine sparsame Sehnenwicklung – für mehr bin ich zu faul. Diese Wicklung dient nur dazu, die Feder niederzuhalten, sollte mal ein Stückchen vom Pech anbrechen.

Ob und wie weit sich die Sehne in den Teer hineinzieht hängt von dessen Konsistenz ab. Meine Sehnen drücken sich schon hinein, sind aber sehr weit davon entfernt, darin zu verschwinden, obwohl die Schicht dazu dick genug wäre.

Wird die Sehnenwicklung aber auch nur oberflächlich vom Teer bedeckt, dann wird sie die Wicklung auf alle Fälle vor Abrieb schützen, der bei Abschuss an der Seite entstehen kann (nicht muß!), an der der Schaft am Bogen anliegt. Um diese ev. Abriebproblem zu umgehen trage ich für meine (Nutzpfeile) einen Tropfen Holzleim auf die Sehneseite auf, die am Bogen anliegt.

Theoretisch könnte man dafür auch eine dünne Schicht Birkenrindenteer nehmen aber dann sind in kürzester Zeit meinen Griffe schwarz – und nicht nur die ;-). Diese dünne Schicht ist aber wirklich nur auf der dem Bogen zugewandten Seite nötig. Auf den beiden anderen Seiten ist sie, zumindest zur Sicherung, unnötig und würde auch nur das Schwergewicht des Pfeiles ungünstig nach hinten verlagern.

Birkenrindenteer und Fichtenharz (oben)
Bild

Serie an Pfeilen wie oben, 1 und 2 mit Fichtenharz
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Andere Serie an denen die Klebelinie schön zu sehen ist
Bild
Merha
 

Beitragvon ulfr » 22.09.2010 07:54

Ich habe mal einen Film gesehen, indem ein Amerikaner nur mit den Händen, ohne Hilfsmittel, gleichzeitig drei Truthahnfedern in zwei Minuten auf den Schaft gewickelt hat. Und die Wicklung hält und sieht perfekt aus auch ohne Kleber.


Das ist nicht soo schwer: Wicklung unterhalb der Befiederung beginnen, loses Ende mit einwickeln. Nach 4 Wicklungsgängen erste Federfahne mit einwickeln, Spulenende darf gern etwas überstehen, sonst wirds schwierig, weil direkt am Ende die Wicklung abrutschen würde, einmal rum, zweite einwickeln, nochmal rum, dritte einwickeln, Spule mit weiteren 4 oder 5 Gängen einwickeln, dann die Federfahnen vorsichtig soweit nach hinten ziehen, dass das Spulenende unter der Wicklung verschwindet, dann Fahne spiralig nach oben anwickeln, dabei drauf achten, dass die Fahnen richtig positioniert werden.

Im Übrigen verwende ich das Pech sparsam wie bei den Originalen, die aufgetragene Schicht ist nicht besonders dick, reicht aber aus, um die Wicklung zu fixieren. Diese versinkt bei mir nicht im Pech.

Bild

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Beitragvon Indy » 30.09.2010 08:34

Sehr schöne Pfeile.
Indy
 


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