Schleudern

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Re: Schleudern

Beitragvon Jaegoor » 08.12.2012 16:15

Ich hab mir mal ein paar Gedanken über die balearische Schleuder gemacht.
Vielleicht interessiert es ja jemanden.


Gedanken über die balearische Schleuder,

wie versprochen hier einige meiner Gedanken und Erkenntnisse über die balearische Schleuder.
Auch wenn diese auf den ersten Blick mit zu den einfachsten Modellen gehört, so steckt doch mehr technisches Wissen darin, als man vermuteten würde.
Der einfach halber habe ich die einzelnen Teile einer balearischen Schleuder nummeriert.
So lassen sich die Funktionen besser erklären und verhindert hoffentlich Missverständnisse.

1, das Auge:
hier wird die Schleuder mit einem Finger gehalten. Die Größe ist sehr individuell und abhängig von der Art des Griffes. Es ist auch das Halten mit zwei Fingern möglich.
Im Prinzip kann man mit jedem Finger (außer den Daumen) eine balearische Schleuder halten.


2, der Haltelauf:
Der Haltelauf ist bei einer balearischen Schleuder flach gearbeitet.
Er sollte nicht zu locker und auch nicht zu steif sein.
Ist er zu locker, wird die Schleuder zwar sehr schnell, aber sie verliert an Führigkeit und Seitenstabilität. Beides ist aber für einen gezielten Schuss wichtig.
Denn der Haltelauf unterstützt eine der wichtigsten physikalischen Wirkungsweisen einer Schleuder.
Nämlich die Wirkung des Hebels.
Seitenstabilität ist wichtig, da sie ein zu starkes twisten beim drehen der Schleuder verhindert.
Allgemein kann man sagen das kürzere Läufe etwas leichter zu schießen sind als längere.

3, das Knie:
An dieser Stelle teilt sich der Haltelauf in zwei Stränge die denn Brief bilden.
Das Knie ist sehr schmal und funktioniert tatsächlich wie ein Kniegelenk. Es gibt die Schussrichtung
der Schleuder vor und gibt so die Hebelwirkung des Haltelaufes optimal an den Brief weiter.

4, der Brief:
Dieser wird bei einer balearischen Schleuder von zwei gleichen Strängen gebildet.
Diese Form ist zwar ungewöhnlich, erfüllt aber mehrere Funktionen.
Optimal für diese Form des Schleuderbriefes sind bikonische Geschosse. Diese spezielle Form
liegt sehr gut zwischen den Riemen. Durch die geneigten Flächen werden die beiden Stränge des Briefes leicht nach außen gedrückt. Dies jedoch ohne ein herausrutschen des Geschosses .
Die Kinetische Energie beim Schuss, zieht beide Seiten des Briefes zusammen. Dadurch wird das Geschoss leicht aus dem Brief herausgedrückt, wodurch die Reibung zwischen Brief und Geschoss reduziert wird. Die auftretende Kraft geht so optimal in das Geschoss über.
Auch für Kugelförmige Geschosse ist diese Brief Form geeignet. Diese rutschen aber leichter aus dem Brief heraus. Kürzt man jedoch beide Briefseiten, lässt sich dieses Problem deutlich verringern und sogar vermeiden.
Die beiden Briefseiten geben also optimal Energie an das Geschoss hab. So wird Verschleiß an der Schleuder reduziert.
Das Geschossgewicht kann deutlich höher sein (bis etwa 300gr)
Bei geschlossen Brieformen kommt es häufig zu einem starken "ausbeulen". Wird dieser Prozess jedoch zu stark(zb. durch zu hohes Geschossgewicht), kann es passieren, das sich das Geschoss nicht mehr sauber aus dem Brief löst.
Ergebnis: Die Schleuder zieht oft stark nach links. Man benötigt mehr Kraft beim Schuss. Im schlimmsten Fall verbleibt der Stein im Brief und die Schleuder schlägt zurück.
Archäologische Funde in York und Schleswig sowie Haithabu belegen, dass man dieses Problem wohl schon früher erkannte und dazu überging geschlossene Briefe einfach oder mehrfach zu schlitzen.
Experimente mit mehrfach geschlitzten Briefen wie aus Schleswig und Haithabu belegen, dass so ein zu starkes ausbeulen verhindert wird. Die Geschosse lösen sich beim Schuss leichter aus dem Brief heraus.
Der geteilte balearische Brief lässt sich sogar ganz Individuell an das Schießverhalten des einzelnen Schützen anpassen. Jedoch ist dazu sehr viel Erfahrung im herstellen und im Umgang mit einer balearischen Schleuder nötig.
Neigt der Schütze dazu mit zu viel Kraft aus dem Arm zu werfen, werden seine Treffer häufiger zu weit links liegen.
Dies lässt sich ausgleichen, indem die rechte Seite des Briefes ein ganz kleines Stück länger ist.
Vorausgesetzt ist eine gleichbleibende individuelle Schießtechnik des Schützen.

5, der Bauch
An dieser Stelle werden beide Seiten des Briefes wieder vereinigt.
Da beide Strangseiten des Briefes die selbe Stärke haben wie der Schusslauf, entsteht beim zusammenführen beider Seiten der tatsächliche Schwerpunkt der Schleuder.
Dieser liegt nicht mittig wie bei den meisten Schleudern. Das hat einige Auswirkung auf das Schussverhalten.
Der Bauch der Schleuder (Schleuderschwerpunkt) liegt beim lösen des Geschosses genau hinter dem Geschoss. An dieser Stelle löst sich das Geschoss endgültig von der Schleuder und erreicht damit die höchste Geschwindigkeit.
Auch diese Stelle kann ganz individuell an den Schützen angepasst werden. Je nach Schusstechnik ist es möglich, das bei einem schlechten Schleuderschwerpunkt das Geschoss sich nicht sauber löst und noch bis zur Hälfte des Schusslaufes im Kontakt mit der Schleuder bleibt. Dadurch kommt es oft zu Fehlschüssen, da das Geschoss durch die starke Bewegung des Schusslaufes abgelenkt werden kann.

6, der Schusslauf

Der Schusslauf ist der zweite Lauf der Schleuder. Er verjüngt sich zum Ende hin und geht in die Schallzunge über.
Der Schusslauf wird beim Schuss los gelassen, worauf sich das Geschoss erst vom Brief lösen kann.
Es gibt die Möglichkeit das Ende des Schusslaufes mit der ganzen Hand zu fassen oder nur mit Daumen und Zeigefinger. Auch hier kommt es auf die Vorlieben und verwendete Schusstechnik des Schützen an.

7, die Schallzunge
An dieser Stelle treten an der Schleuder die höchsten Beanspruchungen auf.
Doch haben die Fransen auch eine bestimmte Funktion.
Sie bremsen denn Schusslauf ab. So erreicht man ein optimales öffnen der Schleuder.
Trotzdem wird dieses Ende oft so schnell, das ein Knall (ähnlich wie bei einer Peitsche)
erzeugt wird. Dieser Knall zeigt denn Schützen, das er immer mit gleicher Kraft wirft.
Durch diesen Überschallknall wird das Ende der Schleuder jedoch auch kürzer und muss öfter nachgeflochten werden.
Bei einer Schleuder mit über einem Meter Lauflänge erweist sich die bremsende Wirkung der Schallzunge jedoch oft als störend. Sie öffnet die Schleuder oft zu früh was ein zielsicheres Schießen deutlich verringert und die benötigte körperliche Kraft erhöht.
Besser man verwendet in diesem Fall einen schweren Knoten, der den Schusslauf nach vorne zieht und die Schleuder auf diese Weise öffnet.

Bei einer jagdlichen Nutzung der Schleuder wäre ein Überschallknall nicht ratsam.
Dann vergrößert man die Schallzunge oder fertigt sie aus einem Stück Leder mit der doppelten Breite eines Daumen.



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Re: Schleudern

Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 13.12.2012 11:03

Der Jaegoor ist inzwischen 1. Deutscher Meister im Steinschleudern

Kurzer Bericht darüber von mir hier:
http://blog.ottonenzeit.de/archives/cat ... ergebnisse

isch wurde 3.
Termin für nächstes Jahr steht noch nicht fest

Schleudertraumatiker Turms
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Re: Schleudern

Beitragvon Bullenwächter » 14.12.2012 13:20

Herzlichen Glückwunsch Jaegoor - Schäm Dich Turms :lol:
The day may be near when we must kill to conserve.
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Re: Schleudern

Beitragvon ulfr » 14.12.2012 15:02

Ja, herzlichen Glühstrumpf! Und ... nich schämen, Turms, 3. ist immerhin noch auf dem Podest!!
"Wenn Sie stolz sein wollen auf Ihr Volk, dann empfehle ich Ihnen den Beruf des Imkers".
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Re: Schleudern

Beitragvon Jaegoor » 14.12.2012 23:21

Nein Turms muß sich nicht schämen. Bedenkt man, das er gar nicht so oft trainieren kann.
Es habe alle wirklich gut geschossen...wir sind eben noch ein sehr junger Sport. aber ein sehr schöner! :mammut2:
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Re: Schleudern

Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 10.03.2015 10:22

Der Jaegoor ist schon wieder Deutscher Meister
siehe hier:
http://blog.ottonenzeit.de/archives/1014
grrr, ich wurde nur 4. und konnte den ganzen Schreibkram machen.

und der Jaegoor, Jost und Jörn (keine Ahnung, warum die alle einen "J" im Namen haben) waren auf den Balearen.
Jost hat bei den Kindern einen Pokal abgeräumt
und Jaegoor wurde als bester ausländischer Teilnahmer bei der "Tirada internacional" 6.
siehe hier:
http://blog.ottonenzeit.de/archives/1095
Herzlichen Glückwunsch !
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Re: Schleudern

Beitragvon FlintMetz » 10.03.2015 15:56

Meinen Glückwunsch - scheinen große Talente zu sein. Und ich muss mal dringend in die Lehre gehen, denn ich hab mir jetzt auch mal aus Gaudi so ein Ding gebaut und nun die ersten ca. 20 Schleudergänge hinter mir. Üüüüüüübelst!!!! Und wie Ulfr sagen würde: I´ll hate to stand im Umkreis von ca. 200 Metern irgendwo... Null Kontrolle - nicht mal ansatzweise über irgendeine Richtung oder einen Winkel... Aber macht Feetz wie Zau, wenn man sich nicht gerade dabei selbst zerstört :wink:

Schöne Grüße...

Robert
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Re: Schleudern

Beitragvon Trebron » 10.03.2015 17:50

Glückwunsch an die Schleuderer !


Robert, bringe das Ding doch mal mit nach E., ich bringe meine auch mit :2:

:mammut2:
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
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Re: Schleudern

Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 11.03.2015 08:03

@Flintmetz Das Gefühl kenne ich. Deswegen am Anfang mit Tennisbällen oder Jonglierbällen üben, bis das richtige Gefühl raus ist.

Vielleicht sollten wir mal einen Workshop anbieten ... (?) Schleudern für Anfänger oder so

Euer Turms
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Re: Schleudern

Beitragvon FlintMetz » 11.03.2015 08:10

Das wäre natürlich sicher eine geniale Aktion - learning from the bests!!! Ich kann nur hoffen, dass ich da dann auch Zeit habe, wenn sowas zustande käme.
@Trebron: Ich nehme meine mal mit, aber in E sind immer so viele Leute und Bäume im unmittelbaren Gefahrenbereich :-)

Schöne Grüße...

Robert
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Re: Schleudern

Beitragvon Turms Kreutzfeldt » 11.03.2015 08:36

Ihr seid beide eher südlich orientiert. Lütjenburg ist auf jeden Fall zu wei nördlich und Halle wahrscheinlich zu östlich. Außerdem braucht es natürlich Gelände und Unterkunft. Ggf. kann es mit einer 3. DM verbunden werden. Die sollte wg. unserem Schweizer-Schleuderer ohnehin in diese Richtung gehen. Ihr seht schon: Bei mir ist das Planungsmodul in Vollbetrieb gegangen.

5 3/4 8 Modul der Schleudererborg, im Volksmund Turms
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Re: Schleudern

Beitragvon ulfr » 11.03.2015 17:59

Turms Kreutzfeldt hat geschrieben:Vielleicht sollten wir mal einen Workshop anbieten ... (?) Schleudern für Anfänger


WO MUSS ICH MICH ANMELDEN???
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Re: Schleudern

Beitragvon TZH » 11.03.2015 18:11

Mit allem Respekt, Ulfr, du hast schon lange Arme... :D
Zuletzt geändert von TZH am 11.03.2015 20:12, insgesamt 1-mal geändert.
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Re: Schleudern

Beitragvon ulfr » 11.03.2015 18:32

Blattspitze hat längere, der kann sich im Stehen in den Kniekehlen kratzen ... :27:
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Re: Schleudern

Beitragvon TZH » 11.03.2015 20:16

:D

Das wusste ich nicht! :D
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