Neues vom Mann aus dem Eis

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Beitragvon ulfr » 26.02.2011 13:23

Dass die das dürfen ... Ich hab versprochen, erst am Montag hier Bilder einzustellen ...
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Beitragvon Trebron » 26.02.2011 13:51

Ob er den Scheitel rechts - links oder mittig trug, lange oder kurze Haare hatte, Geheimratsecken ??? :D
Aber wenigsten schaut er "menschlich" aus.
Wer nur zurück schaut, sieht nicht was auf ihn zu kommt
Uff pälzisch: wä blos zurigg guggt, sieht net was uff`ne zukummd
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Beitragvon LS » 26.02.2011 15:47

Falls es eine Sperrfrist für die Bilder gab, dann hab ich die Umgehung hiermit gefördert... Dicke Krokodilstränen, Ulfr:-)
Das passiert übrigens immer wieder. In russischen Zeitungen wurde letztes Jahr schon einen ganzen Tag vor Science über den Denisova-Menschen rumschwadroniert, zum Beispiel.
Und, jetzt wo er zu sehen ist: was denkt Ihr denn zur Optik?

Gruß L
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Beitragvon Hans T. » 26.02.2011 20:59

http://news.nationalgeographic.com/news ... mmy-oetzi/

Besonders hohe Auflösung:
http://news.discovery.com/archaeology/o ... 10225.html

Auf mich wirkt er zu alt. Er hatte zwar wirklich kein Gran überflüssiges Fett, aber so verwinkelt in dem Alter..?
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Jøran » 27.02.2011 02:51

Na ja, ich kenne Menschen, die sehen mit gerade 30 Jahren auch schon fast wie 50 aus. Und hatten kein "schweres" Leben gehabt.
Von daher læsst sich das schwer beurteilen.
:glauberger:

Ichbin auch kein grosser Freund von Rekonstruktionen, da die auch schon mehrmals daneben lagen.

Hilsen

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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Hans T. » 27.02.2011 11:08

da die auch schon mehrmals daneben lagen


Das kannst du doch gar nicht beurteilen, dass könnte vielleicht seine Schwester. Aber so meine ich es nicht, im Gegenteil, ich bin ein ausgesprochener Freund der Rekonstruktionsversuche. Solange diese sich an die Grundlagen halten, ist nichts dagegen einzuwenden. Was es halt manchmal problematisch macht, ist eine mitunter etwas unattraktive Ausführung, sprich, die künstlerische Ausgestaltung wirkt fremd und unrealistisch.

Was es zudem schwierig macht, ist, dass jede Reko eine Botschaft vermittelt. Wie wirkt das Gesicht auf einen heute lebenden Menschen? Welche Bilder überträgt er? Die Reko hier wirkt wie ein verwahrloster Hobo, ein Sandler, der mal dringend zum Friseur müsste. Wenn ich also zB nix über die tatsächliche Haarlänge weiss oder ob ein Bart in welcher Länge getragen wurde, muss ich mich zurückhalten und strikt darauf achten, hier nicht zusätzliche Botschaften zu überbringen, die durchaus zwar auf moderne Bilder und Kulturen zurück zu führen ist, aber halt nun mal da sind. Als Pope einer Landgemeinde in Galizien 1890 hätte er höchstes Ansehen in diesem Outfit genossen, 2011 in Bozen dagegen eher als ungepflegter Waldschrat eingeschätzt.

Was das Alter anbelangt: Da widerspreche ich dir wirklich, Jøran. Ein wettergegerbter 40jähriges schaut nicht "alt" aus. Er wirkt zwar nicht wie Guttenberg II, aber so extrem ist die Faltenbildung auch wieder nicht.

H
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Steve Lenz » 27.02.2011 14:33

Zu senil.

Ich hätt halt einen der Huberbuam gefragt, ob sie Modell stehen.
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Jøran » 27.02.2011 15:19

@Hans

1. Wird Rekonstruktionen auch in anderen Fällen außer Archäologie / Anthoprologie eingesetzt und dort hat man eben die Erfahrung gemacht, dass die Rekonstruktionen mitunter von der tatsächlichen Person ganz schön abgewichen sind.
Er kann so oder so ähnlich ausgesehen haben aber evtl. auch doch anders.
Vielleicht würde seine Schwester diesen "Ötzi" noch nicht mal wiedererkennen?!

2. Wie ich oben schon geschrieben habe, kann man anhand des Aussehens nicht gleich auf das Alter kommen. Meine Oma sah mit 90 nicht wie 90 aus und ihre Schwester fuhr mit 90 noch Ski in Lillehammer. In Norwegen habe ich genug Fischer gesehen, die ich weit über 60 Jahre eingeschätzt habe und gerade mal um die 40 Jahre alt waren. Und deren Gesichter sahen aus wie das von "Ötzi".
Von daher halte ich das eher Realistisch als ein heutiger "Guttenberg-Ötzi".

Hilsen

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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Blattspitze » 27.02.2011 15:21

Ein berührendes Gesicht, kein Zweifel, aber originalgetreu?

Huberbuam

Genau!

Meine Frau sagte beim Anblick der neuen Reko spontan "Die Mumie sieht ja sogar jünger als der aus!" Und tatsächlich, ich habe grade das Mumienanlitz-Foto im alten Spindler-Buch angeguckt,- ist deutlich glatter, viele der Reko-Gesichtsfalten sind auf den Photos nicht mal als Schatten oder Ansatz erkennbar ... .

Dagegen sieht der Tollund Mann wie ein Joop-Model aus, und der hatte ausweislich seiner Finger-Oberflächen auch hart körperlich arbeiten müssen.
Hat jemand historische Fotos 50-jähriger Alpenbauern? Wie sahen die aus?

Es bleibt die Frage: Sehen wir das Ergebnis künstlerischer Freiheit oder überprüfbarer wissenschaftlicher Methoden? Wohl doch ersteres ...
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon LS » 27.02.2011 17:25

Hallo,
Ötzi war um die 50 als er starb, denk ich. Zweitens weiß man, dass er schulterlanges braunes Haar hatte und offen trug (zumindest während seines Ablebens). Was mich wundert, ist der extrem zottelige Bart. Sieht nicht nur Sandler-mäßig aus (pflichte ich Hans bei), "wilhelminische Hängezwirbler" waren sicher damals wie heute auch extrem unpraktisch.
Vor Jahren bei "Hurra Deutschland" wurde die Scharping-Puppe rasiert, als das Orschinal aus wahlkampftaktischen Gründen auf glatt umstellte. Spricht also nichts gegen Bartpflege am Objekt...

Gruß L.
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Hans T. » 27.02.2011 22:21

dass die Rekonstruktionen mitunter von der tatsächlichen Person ganz schön abgewichen sind.


Ja logisch.
Ehrlich gesagt, erstaunt mich etwas die, wie soll ich sagen, Herangehensweise an die Darstellung nach forensischen Befund, indem recht deutlich "aus dem Bauch" heraus argumentiert wird. Die Herangehensweise bei Gesichtsrekos ist doch wirklich besser dokumentiert als manch anderes Rekonstruktionsverfahren und auch die Variablen sind klar und deutlich formuliert und bekannt. Insoweit ist es mehr als klar, dass bei forensischen Rekonstruktionen mitunter von der "tatsächlichen" Person abgewichen wird. Frisur, Fettanteil, Narben, Barttracht, Augenfarbe etc etc. Aber das entwertet das Verfahren nicht als solches, man muss sich nur im klaren darüber sein, wo welche Fakten herkommen und was als Fakt überhaupt vorliegt.

Was die Alterung anbelangt: Erstens ist die Einschätzung, wie eine 90jährige Oma aussieht, subjektiv. Bei Verwandten, die man seit Jahrzehnten kennt, erst recht. Sieh dir Fotos indigener Amerikaner an, alte s/w-Fotos und schätz' da mal das Alter.

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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Chris » 28.02.2011 13:04

Was die Alterung anbelangt: Erstens ist die Einschätzung, wie eine 90jährige Oma aussieht, subjektiv. Bei Verwandten, die man seit Jahrzehnten kennt, erst recht. Sieh dir Fotos indigener Amerikaner an, alte s/w-Fotos und schätz' da mal das Alter.


Großartiges Beispiel: alte s/w-Fotos... Leute um die 50 sehen z.B. auf den Bildern eines Fotographen hier aus der Gegend, der um 1900 Fotos vom Alltag auf dem Land in Ditmarschen gemacht hat, aus wie Greise

trotzdem, ich finde auch, dieser Rekoversuch ist faltiger als die Leiche - das wirkt irgendwie merkwürdig
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Manu » 28.02.2011 14:19

Ich finde es ist ein weiterer, aber meiner Meinung nach, sehr gut gelungener Versuch. Hätte ich das Bild nicht mit "ÖTZI" von vornherein in Verbindung gebracht und man hätte gefragt, wer ist das, wo kommt die Person her, hätte ich sehr wahrscheinlich auf einen schwer arbeitenden alten Bergbauer getippt. Und das finde ich macht es doch aus. Das man "sieht", wo kommt er her und wie hat er wohl gelebt.

Die Gefahr wird immer sein, daß es Botschaften impliziert, die vielleicht nicht zutreffen, aber dann dürfte man eben kaum noch was rekonstruieren. Wenn ich einen Schneeball-Kamm rekonstruiere und es den Leuten zeige, sagen die Besucher: Ach, die haben sich damals schon gekämmt?? Tja, weiß man´s?

Alles in allem finde ich diesen Ötzi gut gelungen. Bin mal auf die Ausrüstung gespannt.
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon Bullenwächter » 28.02.2011 15:06

Chris hat geschrieben:...trotzdem, ich finde auch, dieser Rekoversuch ist faltiger als die Leiche - das wirkt irgendwie merkwürdig...


Der Gesichtsrekoversuch muss faltiger sein als das Gesicht der Leiche/Mumie, da sich Ötzis Gesichtshaut durch die mehrtausendjährige Lagerung und die in dieser Zeit stattgefundenen Konservierungsprozesse etwas zusammengezogen (sozusagen "geliftet") hat. Ob die aktuelle Gesichtsreko aufgrund neuerer Untersuchungen der Gesichtshaut auf Narben von Falten zu stande gekommen ist wäre mal interessant zu wissen.

Aber generell würde ich die Gesichter früher Apenbewohner, wleche sich länger draußen aufhielten, und aufgrund der extremeren Sonneneinstrahlung und Witterungseinflüsse deutlich gelaterter erscheinend und faltiger annehmen, als man es von gegenwärtigen Menschen gewohnt ist.
The day may be near when we must kill to conserve.
"Dekmalschützer" Giles Cato in der MIDSOMER-MURDERS-Episode The House in the Woods
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Re: Neues vom Mann aus dem Eis

Beitragvon ulfr » 28.02.2011 16:40

So, ich glaube, jetzt darf ich dann auch :D
Der Gletschman hat kaum Ausrüstung bei sich, der Oberkörper ist nackt, er trägt nur leggins und Schuhe.
Die leggins sind nur provisorisch angezogen, sie reichen von der Länge her eigentlich nur bis zum oberen Drittel des Oberschenkels, aber da muss die Puppe nochmal geändert werden. Das Ankleiden hat daher einiges an Schweiß, Nerven, Stecknadeln, Nägeln, Bindfaden etc. gebraucht, bis es einigermaßen annehmbar aussah.

Bild

Ich finde die Gesichtsreko gelungen, das oben von LS gepostete Bild gibt einen etwas falschen Eindruck. Ich bin da ganz bei Jøran und Andi, ich habe in Skandinavien, aber auch in verschiedenen Bergregionen der Welt Fischer und Bergbauern gesehen, die jünger als 50 waren und noch zerknitterter aussahen. Unterschätzt nicht die Wirkung von Höhenluft und Dauerstrahlung und das Leben vor 5.300 Jahren ... Die Länge der Haare ist bekannt, ca. 9 cm, ob der Bart wirklich so lang war, ist nicht nachvollziehbar. Von der Beschaffenheit der Mumienhaut auf ursprüngliche Falten etc. zu schließen ist glaubich nicht möglich.

Bild

Oberkörper frei, er trägt nur den Bogen in der Hand, das ist Teil der Inszenierung der Gestalter. Der umgebende Raum ist reinweiß, und die Beleuchtung ist sicher auch noch verändert bzw. feinjustiert worden.

Bild

Wenn man dem Rundgang durchs Museum folgt, sieht man zuerst die Kehrseite.

Bild

So sehen die leggings am Mann aus, Manu ...

Bild

Die Schuhe haben wir ohne Fersenleder rekonstruiert, aber mit seitlich hochgezogener Sohle

Bild

Der Kerl ist echt sowas von winzig, ich müsste mich hinknien, um ihm in die Augen zu sehen.

Die dazugehörige Ausstellung habe ich nur als Baustelle erlebt und poste daher fairerweise keine Bilder, aber alle die schon mal in Bozen waren, dürfen die alte Ausstellung getrost komplett vergessen, das ganze Haus ist völlig umgekrempelt worden und völlig neu eingerichtet, die gesamte Ausstellung dreht sich nun um den Ötzi, auf allen Etagen. Am besten war die oberste Etage mit dem ganzen Drumherum, das sich im Laufe der Jahre so ergeben hat. U.a. sind eine Menge Briefe zu sehen, die Stern-Leser, selbsternannte Verwandte, Bekannte, Reinkarnationen und andere Experten nach Innsbruck oder Bozen geschrieben haben - ich hab jetzt noch Lachmuskelkater :D :D :D
Also - ein Besuch lohnt sich, vom 16. - 18. September 2011 gibt es zur 20-Jahrfeier in Bozen eine große Veranstaltung mit reichlich Aktionen und Akteuren.


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