von Monolith » 16.02.2019 14:42
Ich moechte den Artikel etwas zusammenfassen sowie die Daten des Artikels, die benutzt wurden, um das vorgestellte Modell zu entwerfen, etwas besprechen und diskutieren.
In den meisten Faellen liegen also keine Daten vor, um den Errichtungszeitpunkt der Megalith- bzw. Monumentalgraeber direkt zu bestimmen. Stattdessen wurde ein Zeitfenster ermittelt, in welchem die Errichtung in den jeweiligen Regionen sicher stattgefunden hat. Nordwestfrankreich wird im Ergebnis als die Region angesehen, in der die fruehesten Monumentalstrukturen (kammerlose Langhuegel) und Uebergangsformen zu Megalithgraebern nachweisbar sind (Hauptartikel, Seite 4). Die Daten weisen in die erste Haelfte des 5. Jts. Fuer Katalonien, Suedfrankreich, Korsika, Sardinien, vermutlich die westliche Iberische Halbinsel sowie das italienische Festland sprechen die ausgewerteten Daten fuer Cluster fuer aehnlich fruehe Megalithgraeber (Dolmen bzw. nach den Bestattungen verschlossene, nicht wiederbegehbare Graeber), die in ihrer Umgebung etwas Besonderes und fuer diesen Zeitpunkt einzigartiges darstellen (Hauptartikel, Seite 4).
Eine "Expansion" der Megalithsitte, nun in Form von wiederbegehbaren Graebern, findet dann in der ersten Haelfte des 4. Jts. entlang der Atlantikkueste statt. Dann erst erreicht die Sitte Norddeutschland und Europa.
Erster Kritikpunkt: Die Dolmen Norddeutschlands wurden vollkommen ausser acht gelassen, wahrscheilich, weil keine auswertbaren 14C-Daten vorlagen. Es ist aber nicht so, dass die ersten nachweisbaren Megalithgraeber in Nordeutschland oder Skandinavien Passage Graves, also Ganggraeber waren. Ganz im Gegenteil sind diese eine spaete Erscheinung, die nach den gaengigen Modellen erst gegen 3300 cal BC (MN Ia) erscheinen. Die vorher vorherrschenden Dolmen hingegen beginnen in Norddeutschland wahrscheinlich bereits um 3650 cal BC (FN Ib) (Quelle: J. Mueller, Megaliths and Funnel Beakers 2001, 5-8). Ausserdem "wandert" eine zweite Bewegung der Megalithik um 3600 cal BC von der Bretagne ueber das Pariser Becken nach Mitteldeutschland. Hier ist also keine atlatische Verbeitreitung notwendig. Das in dem Artikel entworfene Modell des Ursprungs des Monumentalgedankens in der Bretagne ist uebrigens nichts Neues, wie hier suggeriert wird, sondern wurde schon laengst von vielen Autoren vertreten.
WAs die verwendeten Daten angeht, so ist zunaechst ist festzustellen, dass die ausgewerteten 14C-Daten aus der Literatur zusammengesammelt wurden, beginnend ab den 1960er-Jahren, um die durchgefuehrte bayesiche Modellierung durchzufuehren. Ich finde die Datierungen schwierig, denn die ausgesuchten Befunde lassen sich nur schwierig der tatsaelichen Errichtungsphase der jeweiligen Megalithgraeber zuordnen (siehe Appendix). Gerade eingedenk der vielen Nachbestattungen und nachtraeglichen Veraenderungen, aber auch moeglichen Vorgaengerstrukturen an den Megalithgraebern ist das hier vorgestellte Modell zu hinterfragen. Im Appendix selbst steht (Seite 3) steht: "while it is more plausible that human bones and the material within the chambers are associated to the burial activities and the graves, charcoal often originated from other pre-megalithic or surrounding activities." Die Qualitaet der 14C-Daten wurde im Appendix nach verschiedenen Kriterien ihrer Aussagekraft und Qualitaet bewertet. Soweit ist das schon einmal gut, jedoch steht hinter diesen Bewertungen auch immer eine subjektive Komponente. Die Daten wurden in solche, die einen terminus post und solche die einen terminus ante quem geben unterteilt. "Only very few few samples are directly associated with the construction of megalithic structures [...]" (Appendix, Seite 2). "A far greater number than expected of the radiocarbon dates had no association with the condtruction or the use of the megaliths. 31% of all the charcoal samples considered in the analysis represent terminus post quem values." (Appendix, Seite 3).
Die Altholz-Effekt-Problematik an der Holzkohle-Proben wird als existent angesehen, der Reservoir-Effekt am menschlichen Material hingegen nicht. Es wird gesagt, dass die ueberwiegende Ernaehrung der Menschen, die die Megalithgraeber in den jeweiligen Laendern errichtet haben, terrestrisch war. U. a. 1065 der 2410 Daten stammen von menschlichem Material, 82 von tierischem, 944 von Holz, 34 von Pflanzen. Auftretende Standard-Abweichungen: 40 Daten +-0 bis +-25; 947 Daten +-25 bis +-50< 422 Daten +-100 bis +-450.
Als Fazit denke ich, dass der Artikel wesentliche Daten und Ueberlegungen ausser acht laesst und ein Modell des atlantischen Austauschs erzwingt. Die Datenlage und deren Auswertung ist stark zu hinterfragen. Neue Erkenntnisse zu den Urspruengen der Megalithik gibt es auch nicht, denn eine wirkliche Debatte, ob sich die Megalithik aus dem Nahen Osten nach Europa ausgebreitet hat, wie eingangs im Artikel beschrieben, gab es schon lange nicht mehr.