Bau eines kleinen römischen Frachtkahns

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Bau eines kleinen römischen Frachtkahns

Beitragvon Lojoer » 09.03.2009 20:11

Hallo zusammen,
ich wollte Euch einmal mein Projekt vorstellen, dass zum Ziel hat einen kleinen römischen Frachtkahn entsprechend dem Wrackfund Zwammerdam III nachzubauen.
http://www2.rgzm.de/Navis/Ships/Ship078/Ship078.htm
Es handelt sich hierbei um einen erweiterten Einbaum bei dem die Bordwand mit Planken erhöht ist.
Seit einigen jahren werden ja immer mal wieder römische Kriegsschiffe nachgebaut, in selten Fällen auch mal ein Frachtkahn. Die Kleineren Nachen die auf den Seitenarmen der Flüsse verwendet wurden finden aber keine größere Beachtung, obwohl diese bestimmt aber einen nicht unerheblichen Anteil am Warentransport übernommen haben.
Bereits seit Anfang letzten Jahres gehe ich mit der Idee schwanger, wobei das Hauptproblem die Beschaffeung eines geeigneten Baumstamms war.
Ich merkte sehr bald dass ich bei der Umsetzung einige Abstriche machen musste. So wurde bei dem Original ein Eichenstamm von über 1m Durchmesser und über 7m Länge verwendet. Ein entsprechenden astfreien Stamm zu beschaffen ist praktisch unbezahlbar.
Als Alternative kam nur eine Pappel in Frage, die zwar auch nur eine Länge von 5,5m aufwies, die ich aber dafür geschenkt bekam.
Dies entspricht zwar nicht dem Original, hinsichtlich der Fahreigenschaften versprach ich mir aber keine graphierenden Unterschiede.
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... 8OGhHW.jpg
Nach dem Bergen des Stamms aus einem Entwässerungsgraben wurde er mit Hilfe eines Bekannten und einer Motorsäge geteilt.
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... vWsEwX.jpg
Die weitere Bearbeitung erfolgte dann auf dem Hof eines Bekannten.
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... IfYMdJ.jpg
Lojoer
 

Beitragvon Lojoer » 09.03.2009 20:17

Mittlerweile ist trotz des Winters das Projekt schon soweit voran gekommen, dass man mittlerweile erahnen kann was es werden soll.
Die Halbspanten sind eingesetzt
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... PGR0iG.jpg
Die beiden Planken sind auch gebogen
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... 6Iar6J.jpg
und man bekommt nun schon einen Eindruck
http://www.bilder-space.de/show.php?fil ... HwmXHa.jpg
das Bauteam besteht aus 2 Mann. Daniel, ein Bekannter von mir und meiner Wenigkeit.
Lojoer
 

Beitragvon Lojoer » 09.03.2009 20:29

Die nächste herausforderung bei dem Projekt ist die Beschaffung geigneter Nägel, die die bisher verwendeten Gewindestäbe ersetzen müssen.
Mir wird wohl kaum etwas anderes übrig bleiben als mich mit dem Nagel-Schmieden ein wenig vertraut zu machen.
Lojoer
 

Beitragvon Roland L. » 09.03.2009 22:07

Hallo,
erstmal, tolles Projekt!

Ich beschäftige mich gerade mit der Entwicklung prahmförmiger Fahrzeuge des Frühmittelalters, da komme ich an den Zwammerdamfunden nicht vorbei. Schön so ein Boot in Natura sehen zu können.
Gibts noch mehr Bilder?

Was hältst du von der Ansprache der Mastspur als Aufnahme eines Segelriggs? Ich bin der Meinung, dass hier eher ein Treidelmast eingesetzt wurde.
Hast du eine Vorstellung was das Boot wiegen wird wenn es fertig ist?

begeistert,
Roland
Roland L.
 

Beitragvon Steve Lenz » 09.03.2009 23:12

Sieht gut aus! Bin auf weitere Bilder fortschreitender Arbeit gespannt.
Aus den Augen - aus dem Sinn.
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Beitragvon Jøran » 10.03.2009 06:02

Ich auch, ich auch... :D

Roland, 17. Mars im Schloß?
Jøran
 

Beitragvon Lojoer » 10.03.2009 08:05

Hallo Roland,
das Zwammerdam III ist eigendlich eine Mittelding zwischen Einbaum und Pram. Soweit mir bekannt gibt es ähnliche Bootstypen, bei denen der Einbaum mitten geteilt war und Planken eingefügt wurden. Dies geht dann stärker in die Richtung Pram, bei der ja auch die Seitenteile aus L-förmigen Stammelementen bestanden.
Hinsichtlich der Fortbewegung solcher Boote bestehen unterschiedliche Auffassungen. Fakt ist, dass das Boot eine Mastspur hatte, diese diente entweder zur Aufnahme eines Treidelmastes oder eines Mastes für eine Hilfsbesegelung. Wir werden nach der Fertigstellung testen in wie weit eine Besegelung bei offenem Gewässer möglich war, ohne dass das Boot kentert. Hinsichtlich der Fortbewegung mit Paddel in kniender Position haben wir jetzt schon ein wenig bedenken. Durch den trapezförmigen Querschnitt muss man sich stark nach ausen lehnen, was sehr unbequem sein dürfte. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass entsprechende Bootstypen möglicherweise auch gerudert wurden, auch wenn bei dem Wrackfund keine entsprechenden Ruderdollen (mehr) vorhanden waren. Daneben kommt noch Staken in Frage. Wir werden auf jeden Fall alles ausprobieren.
Zu dem Gewicht ist zu bedenken, dass der kahn ungefähr 3/4 der Größe des Wracks hat. 1/1 wäre mir lieber gewesen hatte aber leider keinen entsprechenden Stamm zur Verfügung.
Der nasse Stamm 5,5 m lang und 1m breit wog ca. 3 Tonnen, was mein Geländewagen beim Rausziehen ziehmlich an die Leistungsgrenze brachte.
Mittlerweile ist der Kahn geschätzte 200 kg schwer. Nach der Fertigstellung werden wir ihn mal wiegen.
Gruß Jörg
Lojoer
 

Beitragvon ulfr » 10.03.2009 10:01

Lojoer hat geschrieben:Daneben kommt noch Staken in Frage.


Das halte ich auch für am wahrscheinlichsten. Fast alle modernen Kähne werden überwiegend gestakt.

Schickes Ding. Aus eigener Erfahrung rate ich Dir, das Holz kräftig mit einem wirksamen Holzschutz zu behandeln, vor allem gegen Bläue etc., Pappel ist unwahrscheinlich anfällig gegen alles was frisst, nagt, zersetzt usw. Besonders im Winterlager drauf achten, dass dort keine unerwünschten Untermieter einziehen. Unseren großen Einbaum konnten wir heuer nach 8 Jahren nur noch durch massiven Einsatz von Polyester retten. In den Hirnholzpartien am Heck hatten sich irgendwelche Wespen gemütlich eingerichtet, eingeschleppte Pilze haben dann das Zerstörungswerk vollendet.
Ich würde jederzeit gern wieder einen Einbaum bauen, dann aber auf Eiche bestehen.

ULFR
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Beitragvon ulfr » 10.03.2009 10:47

Lojoer hat geschrieben:die Beschaffung geigneter Nägel


Versuchs mal hier, dort haben wir alle Nägel für das Contubernium in Aalen eingekauft. was er nicht selbst hat, kann er irgendwo bestellen.

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Beitragvon Lojoer » 10.03.2009 12:06

Hallo Ulfr,
vielen Dank für den Tip mit dem Holz. Ich habe mir schon gedacht, dass die Pappel nicht das ideale Holz ist, da ich das Boot aber mit Eigenmittel finanziere war Eiche für mich nicht erschwinglich.
Hinsichtlich der Nägel will ich mal das Schmieden versuchen. Man muss ja alles irgendwie mal im Leben ausprobieren. Eine transportable Essen bekomme ich ausgeliehen. Wenn es nicht funktionier werde ich die Nägel wohl oder übel kaufen müssen.
Hinsichtlich des Kalfaterns muss ich mir auch noch was überlegen. Will mich ja nicht zu weit von den damaligen Hilfsmittel entfernen.
Gruß Jörg
Lojoer
 

Beitragvon ulfr » 10.03.2009 12:34

Kalfaten ist nicht ganz einfach, wenn mans aber mal von jemandem gezeigt bekommt und unter Anleitung gemacht hat, laufts. Du brauchst Hanffasern (bekommst Du als Colli aus dem GaWaSch-Bereich im Baumarkt) und Pech (wenn Du ergebnisorientiert arbeiten willst, dann empfehle ich Marine Sealant (gibts von diversen Firmen) in schwarz, ansonsten Birkenpech (Internet?, selber machen?)).
Die Fasern werden auseinandergezogen und auf dem Oberschenkel zu einem Band gerollt, das zur Fugenbreite passt. Dann schlägt man das Band mit einem speziellen Eisen in die Fuge. Schlagen ist eigentlich übertrieben, denn zunächst wird das Hanfband in vielen kleinen Schlingen (Buchten) in die Fuge mehr eingelegt und dann erst mit einem anderen Kalfateisen in die Fugen eingeschlagen. Aber auch nicht zu stramm, denn die Planken arbeiten ja noch! Anschließend wird die Fuge mit Pech vergossen.
Sollte man wie gesagt mal gesehen oder am besten ausprobiert haben, bevor man sich daran wagt.
Wenn Du mal in der Gegend bist, kannst Du gern vorbeikommen, dann zeig ich Dir, wie es geht, obwohl Roland da sicher der bessere Ansprechpartner wäre. Kalfateisen kann ich Dir leihen, wenn Du den Versand übernimmst.

ULFR

Edith: ich seh gerade, Darmstadt, das ist ja quasi um die Ecke... Ich hab bloß bis Ende März viel zu tun...
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Beitragvon Lojoer » 10.03.2009 13:13

Hi Ulfr,
ich würde gern auf Dein angebot zurückkommen und mich dann zur gegebenen Zeit bei Dir melden. Vor April werde ich wohl kaum dazu kommen - bei der momentanen Wetterlage geht es nur schleppend voran.
Gruß Jörg
Lojoer
 

Beitragvon Roland L. » 10.03.2009 21:04

Hallo,
auch wenn ich mir fast auf die Zunge beisse und es mir unangenehm ist, muß ich Ulfr widersprechen. Geklinkerte Nähte werden nicht kalfatert, es sei denn es handelte sich bei deinem Boot um eine Kooge mit Kalfatleisten und -klammern. (kleiner Scherz)

Also, geklinkerte Boote werden zwar auch mit einer Schnur aus Fasern und einem Dichtstoff (zb. Wolle mit Holzteer) gedichtet, diese wird aber vor dem Zusammennieten der Planken lose in die Naht eingelegt und nicht verdichtet. Dann werden die Planken miteinander vernietet und so die Dichtung zusammengedrückt, damit ist die Naht dicht. Ist sie es nicht, hat der Bootsbauer beim Fügen der Planken unsauber gearbeitet.
Schaut man sich Überreste von Plankendichtungen an stellt man fest, dass genauso gearbeitet wurde. Von verdichteten Schnüren oder sogar Buchten wie beim Kalfaten von kraweel gebauten Planken sind mir bisher keine Überreste bei nordeuropäischen Schiffen bekannt.

Wenn man, so wie von Ulfr sehr genau beschrieben, die Planken kalfatern würde, würde man starken Druck auf die Nietverbindung ausüben, welcher mit der Zeit dazu führt, dass die Planke entlang der Nietreihe reißt.

Das richtige Vorgehen kann man sich hier abschauen:

http://vikingeskibsmuseet.dk/index.php?id=1743&L=0
unter " den smidige planke"

gruß,
Roland (der schon etliche Meter Planken auswechseln mußte, weil Leute aus Unwissenheit genau diesen kleinen Fehler gemacht haben.....)
Roland L.
 

Beitragvon Lojoer » 11.03.2009 08:54

Hallo Roland,
erst mal vielen Dank für Deinen Hinweis. Dass mit dem eingelegten Dichtstoff vor dem Zusammenfügen war auch schon eine meiner Überlegungen. Bei meinen Recherchen in der Literatur zu dem Abdichten von geklinkerten Planken konnte ich bezüglich der römischen Zeit aber keine Hinweise finden. Lediglich dass bei den bisherigen Nachbauten von röm. Kriegsschiffen (die ja nicht in Klinkerbauweise hergestellt wurden) man bisher offenbar immer kalfatert hat.
Nun stehe ich also vor dem Problem der Holzteerbeschaffung. Da mir die professionelle Herstellung wie im Link gezeigt nicht zur Verfügung steht, meine Frage an Dich, ob man alternativ den im Handel erhältlichen Holzteer verwenden kann? Wolle steht mir von den eigenen Schafen ausreichend zur Verfügung.

Gruß Jörg
Lojoer
 

Beitragvon Roland L. » 11.03.2009 09:35

Hallo,

ja leider wird immer von kalfatern gesprochen wenn es um das Abdichten von Schiffen geht. Dabei gibt es je nach Schiffsart und Art der Bauteile unterschiedlichste Arbeitsweisen. Nicht umsonst gab es bis vor dem 2WK einen eigenen Kalfatererberufstand.

Holzteer bekommst du am einfachsten als "Wurzelteer" hier:
http://www.toplicht.de

Oder wenn man diel Vielfalt liebt:

http://www.claessons.com/index.asp

Im Prinzip kann man auch einfach den Buchenhufteer aus dem Landhandel verwenden, der wird zur Hufpflege bei Schafen eingesetzt. Dieser trocknet aber wesentlich schlechter auf als Kiefernwurzelteer.

gruß,
Roland
Roland L.
 

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