7000 Jahre alte Steinzeit-Boote verrottet

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7000 Jahre alte Steinzeit-Boote verrottet

Beitragvon Fridolin » 11.03.2009 19:50

7000 Jahre alte Steinzeit-Boote verrottet
Die 2002 bei Bauarbeiten in Stralsund entdeckten, bis zu 7000 Jahre alten Einbäume waren bereits 2004 weitgehend zerfallen, wie der Leiter des Landesamtes für Kultur und Denkmalspflege, Michael Bednorz, am Mittwoch einräumte. Die Boote sollten konserviert werden, es seien aber damals trotz vieler Bemühungen keine geeigneten Räume dafür gefunden worden.
Daraufhin blieben die kostbaren Stücke in einem baufälligen Schuppen liegen, in den Frost eindrang und der 2004 schließlich zum Teil einstürzte. Die Reste der Lindenholz-Einbäume wurden im vergangenen Jahr in die Fachhochschule für Technik und Wirtschaft Berlin gebracht. Studenten sollen dort im Rahmen ihrer Restauratoren- Ausbildung prüfen, was mit welchem Aufwand noch zu retten ist. Von dort gebe es zu Rettungsmöglichkeiten bisher «zurückhaltend optimistische» Aussagen, sagte Bednorz.


http://www.mz-web.de/servlet/ContentSer ... 9761112766


Skandal! Warum hat sich niemand an die Öffentlichkeit gewandt?!
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Beitragvon Steve Lenz » 11.03.2009 19:59

Keine Seltenheit, Fridolin.

In Bayern ließ man herrlich erhaltene Holzbrunnenschächte verfaulen trotz mehrfacher Hinweise. Eine Schande.
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Beitragvon Blattspitze » 11.03.2009 21:38

Wer die Magazine großer Museen kennt, weiß das Schwund sowieso überall ist, wo lebende Menschen sind. Bewahren und Konservieren großer Objekte kann ohnehin sehr teuer sein. Mir erscheint es ehrlicher, in solchen absehbaren Fällen eine exakte Doku zu erstellen und zwei bis drei Querschnitte herauszuschneiden und zu konservieren. Ist platzsparend und günstiger.
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Beitragvon Roland L. » 11.03.2009 23:00

Ohja, die Liste vergammelter Einbäume ist lang....

Der Einbaum aus Leck (RKZ, ein unglaublich schönes und großes Exemplar und recht gut erhalten) wurde nicht konserviert, vertrocknete, und wurde inzwischen, soweit ich weiß, zusammengefegt und entsorgt. Naja, zumindest wurde er halbwegs gut dokumentiert.
Der Einbaum aus dem Vaaler Moor (dem aus Leck extrem ähnlich) erging es noch schlechter, von dem gibts nichtmal ein Foto.......


gruß,
Roland
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Beitragvon Smoere » 12.03.2009 07:12

http://www.spiegel.de/wissenschaft/mens ... 16,00.html

hier gehts nochmal um das gleiche Thema
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Beitragvon ulfr » 12.03.2009 10:40

Wenn ich dann bedenke, für welchen Sch**** Massen an Geld zur Verfügung stehen und mit vollen Handen zum Fenster rausgeschmissen werden, kommt mir der Konfirmationskaffee wieder hoch...

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Beitragvon Steve Lenz » 12.03.2009 10:58

Ach Wulf, Hauptsache, der Chef des zuständigen Amtes kann im Kamelhaarmantel auf die Fläche flanieren und man kann mit den Kingsize-Monitoren (die man aus den U-Bahnen zur Fahrgastbelustigung in den Stationen kennt) in den Räumen auf Meetings präsentieren...

Die Rechtfertigung "Zu wenig Geld!" kann man stellenweise nicht halten - wenn man hinter die Kulissen blickt.
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Beitragvon Bullenwächter » 12.03.2009 11:28

Gibt es eingentlich einen Paragraphen der die fahrlässige oder vorsätzliche Vernichtung von Kulturgut unter Strafe stellt?

In so einem Fall müsste man eigentlich gleich eine Anzeige erstatten, damit das ganze offiziell behördlich geprüft wird.
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Beitragvon Steve Lenz » 12.03.2009 11:33

Eigentlich ist schon das Wort "Denkmalschutz" ein Hohn!
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Beitragvon Bullenwächter » 12.03.2009 11:52

Leider...

Ärgerlich auch wenn man immer wieder liest, dass Archäologen zu Baustellen gerufen werden, nachem die Hälfte schon im Fundament einbetoniert wurde - warum kann man hier nicht empfindliche Strafen verhängen?

Ich habe manchmal das Gefühl, dass jeder Sch.... hier sanktioniert wird, aber wenn es um Kulturgut geht wird alles zur Bagatelle...
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Beitragvon Jøran » 12.03.2009 15:50

Bullenwächter hat geschrieben:Gibt es eingentlich einen Paragraphen der die fahrlässige oder vorsätzliche Vernichtung von Kulturgut unter Strafe stellt?


Ja, nur da ein Verfahren Geld & Zeit kostet und *niemand* am Ende
daran eine Schuld trägt, wird sowas in der Regel nach kurzer Diskussionszeit eingestellt.

Ich laß mal prüfen, ob da ein Bekannter da evtl. ein Verfahren einleitet.
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Beitragvon Bullenwächter » 13.03.2009 09:27

Nach Radioberichten auf NDR Info von heute Früh sorgt dieser von der Presse zuzrecht als "Archäologie-Skandal" bezeichnete Vorfall für Wirbel auf hoher Ebene in McPom und soll Konsequenzen nach sich ziehen.

Hoffen wir mal, dass dieser Fall noch länger in den Medien präsent bleibt...
... und hoffentlich sorgt dieser Fall dafür, dass die Belange der Archäologie stärker in die Öffentlichkeit getragen werden...
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Beitragvon ulfr » 13.03.2009 09:53

Ja, die drei Boote schmeißen postmortal noch eine ziemliche Bugwelle, heute morgen war sogar ein Artikel in der Süddeutschen ...
Ich habe allerdings wenig Hoffnung, dass dadurch an der besch......... Situation der Archäologie wirklich was geändert wird. Da wird man zwei, drei Köppe rollen lassen, wahrscheinlich von Leuten, die an dem schändlichen Debakel unschuldig sind, dann wird zur Tagesordnung übergegangen, und in einem Jahr ist alles vergessen ....
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Beitragvon Thomas Trauner » 13.03.2009 10:58

ulfr, ich befürchte, dass du recht hast.
Ich kenn das ganze Vorgehen aus dem sozialen Bereich auch zur Genüge. Geht was in einem Altenheim daneben, sind nie die Geldgeber schuld, nie die Kranken Kassen, nie der Medizinische Dienst, nie die Politik. Es sind immer nur dann die Träger.
Es wird auch hier so sein.
Das ist das, was mich so..wahnsinnig macht. Die Politik in Sachen Kultur und Soziales ist nicht nur widersinnig und menschenfeindlich, sie ist auch noch unverschämt.
Was sollen die Betroffenen denn machen ? Banken überfallen ? mit Pfeil und Bogen ? Betteln ? Stehlen ?
Das ist einfach eine unerträgliche Situation, die Träger, bzw die Ausführenden sind einfach erpressbar. Die Arbeit muss gemacht werden, mit Kulturgut oder Menschen kann man nichts absichtlich an die Wand fahren lassen, um endlich auf die Situation aufmerksam zu machen. Geht nicht.
Kommt das Berufsethos noch hinzu.
Die Situation ist manchmal einfach nur noch zynisch..Da wird der Sinn des Kulturschutz von wirklich ignoranten Spießern genauso in Frage gestellt wie die Altersheilkunde.
Es ist bizarr.
Thomas
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Beitragvon Fridolin » 13.03.2009 16:24

Steinzeit-Boote: Ermittler prüfen Anzeige gegen Amt

Schwerin (dpa) Der Verlust der ältesten Bootsfunde Europas durch falsche Lagerung und unterbliebene Konservierung hat wohl keine strafrechtlichen Folgen für die Verantwortlichen. Die Staatsanwaltschaft Schwerin prüfe in einem Vorermittlungsverfahren die Vorgänge. Jedoch gebe es bisher keine Anhaltspunkte für strafrechtlich relevante Pflichtverletzungen, sagte Oberstaatsanwalt Hans-Christian Pick heute.

http://www.ostsee-zeitung.de/online-ext ... ID=1202311



Es ist nicht zu fassen..!
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