Römische Gabel?

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Römische Gabel?

Beitragvon Bullenwächter » 17.06.2009 20:53

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Diese Foto hab ich im Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz aufgenommen. Die Gabel wird als römisch angesprochen.

Was meint Ihr dazu?
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Beitragvon jsachers » 17.06.2009 21:21

Kleine, dreizinkige Gabeln sind in Europa schon aus römischer Zeit wie etwa aus einem Schatzfund von Vienne bekannt. Von Byzanz aus gelangten sie wohl durch Heirat zwischen Fürstenhäusern in das Italien der Spätrenaissance.

Quellen zufolge benutzten die Römer zur Zeit der Antike zum Aufspießen von Fleisch Essstäbchen, fünfzinkige Gabeln dienten nur zum Vorlegen; überwiegend aßen sie mit den Händen.


Das sagt WikiPedia ?
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Beitragvon Martin » 17.06.2009 21:36

Ich denke die Messer sind römisch, Gabel und Löffel aber nicht. Sehen eher nach spätem Mittelalter aus. Es gibt römische Gabeln, allerdings kenne ich nur zwei- und dreizinkige. Die meisten sind aus gedrehtem Silber oder Bronzedraht. Ein paar Funde von Kombinationswerkzeugen mit Gabel gibt es auch, ich habe da mal was nachgebaut: Klappmesser (Messerklinge Eisen) mit schwenkbarer Gabel/Löffel (arretierbar), Ohrlöffelchen, Zahnstocher und Pickser(?), aus Silber. Als Reisebesteck deklariert. Vermutlich 3. Jh.

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Viele Grüße,

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Beitragvon Thomas Trauner » 18.06.2009 08:18

Das ist ja ein sehr schönes Stück, Martin. Toll. Den "Pickser" würde ich einfach mal so als Teil zum Fingernagelsäubern oder -schneiden ansprechen.

Die Teile im Museum sind m.E. mindest Renaissance, wenn nicht sogar später. Selbst in der Renaissance waren die Gabel eher zweizinkig...
Einfach so würde ich sogar auf Neuzeit tippen. Auch die Laffenform der Löffel ist nicht "typisch" römisch.
Wetten würde ich zwar nicht, aber: Neuzeit. 17.Jh. Früher nicht.

Thomas
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Beitragvon Joze » 18.06.2009 09:41

Hi!
Also: die Messer sind römisch, aber die Gabel in dieser Form - glaube nicht. Habe auch schon einige Funde gesehen, darunter einen Prachtstück mit eben zweier Form, mit prächtig verzierten Griff, in unseren Museum in Ljubljana.
Ich benütze eine MI Reco als Essen Zubehör, die Gabel sind auch "nur" in "zweier" Form geschmiedet.

Joze
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Löffel

Beitragvon Sikla » 18.06.2009 09:58

Hi, aus den Messern halte ich mich mal raus...und versehe die Gabel mit einem riesengroßen Fragezeichen - für mich sieht sie aus wie 16./17. Jahrhundert.

Die beiden Löffel würde ich Ende 16./Anfang 17. Jahrhundert datieren. Sowohl Laffen als auch die Griffe (hier vor allem der Übergang zwischen Laffe und Griff bei dem rechten Löffel) sind (nach meiner Ansicht) nicht römisch, sondern weisen in die frühe Neuzeit. Waren auf den "abgeplatteten" Enden der beiden Griffe Gravuren zu erkennen? Oftmals finden sich dort die Monogramme der Besitzer oder auch Wappen oder auch sonstige Figuren.

Als Vergleichsbeispiel könnte die Besteckgarnitur (Löffel, Gabel) dienen, die im Katalog der Sammlung Marquardt (Solingen 1997) unter der Nummer 324 abgebildet ist. Die ist zwar aus Silber, formal aber sehr schön zur Gabel und auch den Löffeln passend. Ähnliche Teile sind auch aus Bronze für das 16./17. Jhd. bekannt, Fotos könnte ich noch raussuchen..

Viele Grüsse, Sina
Zuletzt geändert von Sikla am 18.06.2009 15:00, insgesamt 1-mal geändert.
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Beitragvon Bullenwächter » 18.06.2009 11:01

Gravuren oder Besizterzeichen sind, so weit ich mich erinnern kann, nicht auf den Besteckteilen zu sehen. Im Urlaub werde ich noch einmal hinfahren und vielleicht habe ich die Möglichkeit, die Teile noch einmal genauer unter die Lupe nehmen zu können.
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Beitragvon caivs quintvs » 20.06.2009 16:36

Römische Gabel? Halte ich für äußerst unwahrscheinlich, zumindest diese Form. Mag ja sein, dass im spätrömischen Reich Gabeln existiert haben (Vorlegegabeln) aber zumindest noch im 1. und 2.Jhdt wurde das Essen mundgerecht zerkleinert und mit Löffeln aufgelegt und auch mit Löffeln gegessen. Zum Zweck des Aufspießens waren die Löffel am oberen Ende mit einer Spitze versehen...
caivs quintvs
 

Beitragvon Sikla » 20.06.2009 16:51

caivs quintvs hat geschrieben: zumindest noch im 1. und 2.Jhdt wurde das Essen mundgerecht zerkleinert und mit Löffeln aufgelegt und auch mit Löffeln gegessen. Zum Zweck des Aufspießens waren die Löffel am oberen Ende mit einer Spitze versehen...


Hi caivs quintvs, hast Du für diese Annahme einen beleg (Schriftquellen, Funde)?

Viele Grüsse, Sikla
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Beitragvon caivs quintvs » 21.06.2009 11:30

Belege? Da gibts einige, z.B. "Zu Tisch bei den alten Römern" von Gudrun Gerlach, erschienen im Theiss-Verlag oder aber Karl-Wilhelm Weeber: "Alltag im alten Rom-Das Leben in der Stadt" oder,oder,oder...desweiteren Funde von römischen Löffeln aus Silber bzw. Bronze im Römermuseum Schwarzenacker, im europäischen Kulturpark Reinheim/Bliesbrück, im Museum für Vor-und Frühgeschichte in Saarbrücken, Funde aus Pompeji bzw. in den meisten anderen Römermuseen auch...
caivs quintvs
 

Beitragvon Sikla » 08.09.2009 11:27

Hi caivs, bitte entschuldige, dass ich mich so lange nicht gemeldet habe, manchmal ist anderes wichtiger.

Bitte lies ganz genau in den von Dir angegebenen Büchern nach: So wie beide Sekundär(!)quellen sehe, wird dort angegeben, dass die Römer mit den Fingern gegessen haben (besonders schön bei Weeber) und das Essen entsprechend vorgeschnitten war. Die Löffel dienten danach zur Aufnahme von Soßen und Mehlspeisen (worauf sich diese Angabe bezieht, wird nicht ausgeführt).

Danke für die Angabe der Museen, welche noch Löffel besitzen, die hatte ich noch nicht auf meiner To-Do Liste-

Mit Schriftquellen meinte ich eigentlich was zeitgenössisches - so wie das savillum - rezept bei cato (aufgeführt bei Schareika: Die alten Römer bitten zu tisch), welcher ausdrücklich die Servieranleitung: Dann trag es mit dem Napf auf und dazu Löffel - ausführt oder auch der Petronius oder Martial.

Funde können neben den eigentlichen Objekte zum Beispiel auch bildliche Darstellungen (ja, die meisten und wichtigsten kommen aus Pompeji), aber vielleicht kennt jemand noch was in der Richtung.

Ich würde mich über jeden Hinweis sehr sehr freuen, aber bitte keine Pauschalisierungen. Da ist man zu schnell bei solchen Aussagen wie: Das wurde schon immer so gemacht, die waren doch auch nicht blöd... Zum Beispiel ist mir noch kein konkreter Hinweis auf das Aufspießen des Essens mit dem spitzen Ende der Löffel begegnet (vielleicht einer der antiken Autoren? Martial schreibt ja nur, das ein cochlear handlich für die Schnecken und auch nützlich für die Eier ist - Sum cocleis habilis, sed nec minus utilis ovis und Petronius beschreibt das Aufschlagen der gebackenen Pfaueneier mit einem Löffel, der Inhalt wird dann mit den Händen gegessen Petron. 33, 3 - 8)), vielleicht kennt jemand etwas entsprechendes ... Nichts genaues weiß man nicht, aber es wird halt immer wieder gern geschrieben.

Viele herzliche Grüsse, Sikla
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Beitragvon Fridolin » 08.09.2009 11:39

nicht meine Zeit..., aber 2- bis 4-zinkige Gabeln sind hier abgebildet (einfach durchklicken).
http://www.antike-tischkultur.de/bestecks.html

Viele Grüße

Fridolin
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Beitragvon Jøran » 08.09.2009 14:13

Hei,

was sagen denn eigentlich die vom Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz?
Die müßten das doch wissen, wenn sie solche Angaben machen, oder?

Hilsen

Jøran-N.
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Beitragvon Peter N. » 08.09.2009 18:18

was sagen denn eigentlich die vom Vorarlberger Landesmuseum in Bregenz?
Die müßten das doch wissen, wenn sie solche Angaben machen, oder?


Herr Grabher ist der Ansprechpartner dort - frag einfach mal...
Wegen dem ausgestellten "römischen" Vorhängeschloss hab ich Ihn auch schon gefragt...

P.
Peter N.
 

Beitragvon Bullenwächter » 08.09.2009 19:14

Im Landesmuseum wird sie als "römisch" angesprochen.

Ich hatte vor einiger Zeit die Gabel schon einmal angesprochen und man sagte mir, dass die Gabel aufgrund der Fundschicht stratigraphisch datiert wurde. Aber kann es vielleicht auch möglich sein, dass eine jüngere Gabel in die römische Fundschicht gelangte?

Leider war Herr Mag. Grabher nicht im Haus als ich heuer im Urlaub dort war, denn ich warte noch auf eine Antwort zu Literatur zu Henkelkrügen der Laugen/Mellauner Kultur.
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