melli hat geschrieben:Danke!
Es geht mir hier hauptsächlich um praktische Erfahrungen mit einem solchen Bogen. Funde, Beschreibung von Skythischen Original-Bögen hab ich schon hinter mir.
Berichte über Original-Funde würden mich sehr interessieren. Beschreibungen mag es geben, ebenso Darstellungen (griechische Vasenbilder, skythische Reliefs und Broschen). Aber Originalfunde? Hier sind bisher (einschließlich Arzhan II) doch nur zwei Grabfunde bekannt, die vermutlich auch nur als Grabbeigaben gedacht waren, wenn man sich die Rekonstruktionen ansieht (der Arzhan-II-Bogen ist viel zu dick und nur aus Holz laminiert, könnte man ihn überhaupt ausziehen, so würde er diesem ziehenden Herkules vermutlich in Bruchstücken um die Ohren fliegen). Der andere bekannte Bogen wird von Holger Eckhardt mermals genannt, unter anderem in "Gold der Steppe" und als bestehens aus nicht miteinander verleimten, nur durch Wicklung zusammen gehaltenen geraden Stäben beschrieben. Kannst Du mir weitere Funde nennen? Ich wäre sehr interessiert. Bisher haben besagter von Ferro genannter Bogenbauer und ein weiterer sechs Nachbauten hergestellt, die nach meinen Vorstellungen, basierend auf den Bildern, gemacht wurden. Drei sind aus Holz mit Sehnenbelag, drei weiterre sind echte Kompositbögen. Ferro hat den siebten Bogen bekommen. Die mit Sehnen belegten Bögen, die eine Länge von etwa 120 cm haben (über das Holz gemessen), kann man bis 65 cm ausziehen. Für weiteren Auszug gibt es keine Garantie durch den Bogenbauer. Die Kompositbögen kann man sicher bis 72 cm ausziehen. Aber das ist schon mehr als ich mit meinem jetzigen Stil ziehe (ja, als ich noch mit modernem Compound schoss, waren 72 cm meine Zuglänge, aber da steht man ganz gerade, beim "traditionellen" Schießen steht man etwas gebückter).
Ich habe von allen sechs Bögen die Kraft-Weg-Kurven erstellt, ebenfalls die Anfangsenergien und -geschwindigkeiten und die Effizienzen bestimmt (für insgesamt zehn verschiedene Pfeiltypen). Ebenso wurden mehrere Schilde beschossen, um die Durchschlagkragt zu testen. Ein Teil der Ergebnisse wird in B. Molloys Buch "The Cutting Edge" im Tempus-Verlag Anfang 2007 publiziert. Ein weiterer Teil soll in einem Grabungsband über Arzhan II erscheinen (Herausgeber: Cugunov, Nagler, Parzinger).
Echte Kompositbögen oder Bögen, die aus Horn mit einem Sehnenbelag bestehen, kann man weiter ausziehen als Holzbögen (egal ob mit Sehnen belegt oder nicht). Dies hat mir ein kurzer Hornbogen gezeigt, der nur 88 cm lang ist mit beweglichen Wurfarmen, die je nur etwa 30 cm messen, und einem starren Griff. Diesen Bogen kan ich mehr als 57 cm ziehen, ehe die Wurfarme fast parallel zum Pfeil liegen (dann geht es natürlich nicht mehr weiter).
Der Bau eines solchen Kompositbogens ist kein Geheimnis. In Kürze will ich es auch selbst einmal probieren. Zuerst werde ich wohl den ganz kurzen Bogen überarbeiten und mit einer weiteren Sehnenschicht versehen. Dann kommt wohl ein Eigenbau auf der Basis von Mufflon-Hörnern. Ich scheue ein wenig vor dem Auftrennen des Horns zurück. Das Arbeiten mit Hautleim ist nicht so schlimm, wie ich finde (die Finger kleben ganz gut zusammen). Frag den Bogenbauer, der Ferros Bogen gemacht hat, ob er Dir eine Anleitung gibt. Man muss auch durchaus nicht zuerst einen Holzbogen (Flach- oder Langbogen) gebaut haben, ehe man sich an einen Horn- oder Kompositbogen trauen darf!
Wir können uns gern zusammen setzen und über Deine und meine Ergebnisse reden, zumal ich noch weiter in diese Richtung forschen will und inzwischen auch zwei Forschungsprojekte über antike Bögen habe. Ein drittes soll noch nachkommen.
Gruß, Erhard