von Godehardt » 02.11.2007 09:21
Hans,
vielen Dank, dass Du die Bilder eingestellt hast. Alle gezeigten Schilde wurden mit dem in den unteren Abbildungen wiedergegeben "skythischen" Bogen beschossen (Holz, mit Sehne beschichtet, etwa 22 kp Zuggewicht bei 60 cm Auszug, von der Innenkante des Bogens aus gemessen). Die drei Bilder zeigen den Bogen mit abgespannter Sehne, dann mit aufgespannter Sehne und zuletzt unter vollem Auszug. Sehr schön ist zu sehen, wie die Bogensehne auch bei vollem Auszug gerade noch auf der Innenseite der Recurve aufliegt. Durch die lang geschwungene Recurve wird eine Kraft-Weg-Kurve erzeugt, die noch etwas besser ist als die bei den Kompositbögen, die eine kleinere Rekurve haben (ein solcher Bogen ist zusammen mit diesem an anderer Stelle in diesem Forum abgebildet). Die mit Sehnen belegten Holzbögen sowie ein türkischer Kompositbogen wurden von Wolfgang Schwerk gebaut, die skythischen Kompositbögen von Michael Bittl.
Oie Schutzfunktion der Pelte gegen Beschuss kann man vergessen, wie die obersten Bilder (runder Schild) zeigen. Der mit Haut belegte Holzschild (12 mm Plankendicke, oben und unten je ein Querriegel) schlug sich nicht schlecht, nach einer größeren Zahl an Treffern bricht aber ein Teil des Holzes aus, und die Pfeile können tief eindringen. Das Scutum ist besser, aber auch hier können Pfeile ziemlich tief eindringen, wenn die Struktur des Sperrholzverbandes unter Dauerbeschuss zerstört wird. Der Rohrschild (sehr leicht gebaut, unsere Version hatte keine Rohre oben und unten quer zu den anderen Rohren. sondern nur Leder zur Stabilisierung) leidet weniger bei Dauerbeschuss als die anderen Schildtypen. Hier drangen die Pfeile auch in der letzten Runde nicht tiefer ein als in der ersten. Dabei wurden zwischen 30 und 50 Pfeile auf jeden Schild geschossen. Die Pelten und Rohrschilde wurden von Michael Bittl gefertigt, die Holzschilde von Harrie Jacobs, und die Scuta stammen aus der Werkstatt eines Mitglieds der Gladiatorengruppe von Marcus Junkelmann.
Insgesamt wurden bei jedem Schildtyp Pfeile mit zehn verschiedenen Spitzentypen verwendet, fünf aus Stahl und fünf aus Bronze. Alle Stahlspitzen hatten Dorne, nur der skythische Typ der Bronzespitzen hatte eine Tülle, die anderen auch Dorne. Alle Schäfte wurden direkt hinter den Spitzen gewickelt und die Wicklungen mit Teer geglättet. Deshalb findet Ihr bei der verschiedenen Schilden auch verschiedene Pfeilspitzen. Es war mir etwas zu aufwändig, zu jedem Schild für die Darstellung hier Bilder mit allen Spitzen auszusuchen. Es soll ja auch jetzt erst einmal ein ersten Eindruck von unseren Versuchen gegeben werden. Die Stahlspitzen wurden alle von Uli Stehli geschmiedet, mit dem ich auch einen regen Erfahrungsaustausch über eine römische Speerschleuder hatte, die er gebaut hat.
Die Versuche konnten nur durchgeführt werden, weil die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) die Kosten für die Schilde, die Pfeile, die Nachbauten einiger Bögen und für die technische Ausrüstung sowie die Mitarbeit eines Historikers (Hans Michael Schellenberg) übernommen hat. Somit stehen uns auch für weitere Experimente insbesondere eine Anlage zur Bestimmung der Geschwindigkeiten und eine weitere zur elektronischen Aufzeichnung der Kraft-Weg-Kurven der Bögen zur Verfügung. Schießen und treffen müssen wir allerdings noch selbst, ebenso die Eindringtiefe der Pfeile messen.
Wir werden mit dieser Ausrüstung unsere Verschuche fortsetzen. Gerade laufen die ersten Versuche mit Nachbauten antiker griechischer Bögen an.
Viele Grüße,
Erhard
Erhard Godehardt