Domestikation des Rindes - Grössenentwicklung

Palaeozoologie, Palaeobotanik und alle archäologischen Hilfswissenschaften, sowie Methodendiskussionen innerhalb der Archäologie.

Domestikation des Rindes - Grössenentwicklung

Beitragvon Nika E.S. » 20.06.2008 21:36

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aus: "Der Mensch und seine Haustiere" Norbert Benecke, Köln 2001
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Beitragvon Nika E.S. » 20.06.2008 21:38

Ist halbwegs klar, wie die Tabelle zu lesen ist?
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Beitragvon Nils B. » 20.06.2008 21:49

Denke schon. Jeweilige Anzahl Fundstücke, daraus errechnet die Nachvollziehbare Mindest- und Maximalgröße und schließlich der Durchschnitt.
Wenn ich mich jetzt geirrt habe, wird's peinlich :roll:
***
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Beitragvon Ragnar » 21.06.2008 01:35

Bei Pferden sieht es mit der "verzwergung" um diese Zeit recht ähnlich aus.
Wüsste mal gerne, wie man das deutet. Futtermangel?
Auch wäre es interessant zu wissen, wie die Spitzenwerte bei den Funden zustande gekommen sind.
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Beitragvon Beate » 21.06.2008 07:41

Ragnar hat geschrieben:Bei Pferden sieht es mit der "verzwergung" um diese Zeit recht ähnlich aus.
Wüsste mal gerne, wie man das deutet. Futtermangel?


Bei Vergleichzahlen aus dem Frühmittelalter in Norddeutschland ist in dem Zusammenhang bemerkenswert, dass Pferde und Rinder auf den Wurtensiedlungen größer sind als auf der Geest.

Allerdings hat das Rind auf den Wurten auch eine größere Bedeutung als Fleischlieferant, da die pflanzliche Versorgung dort eingeschränkt ist (Beispiel Elisenhof: Anbau von nur 4 Feldfrüchten, so gut wie keine Sammelmöglichkeit in der Umgebung).
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Beitragvon Ragnar » 21.06.2008 10:49

Wir mit unsern fetten Bäuchen sollten nicht vergessen, das damals viel gehungert wurde. Die Anzahl der Feldfrüchte hängt auch vom Boden ab. Nicht alles wächst überall. Selbst wenn die Wiesen grün sind, sagt das noch nicht alles über den Nährwert aus. Ist der Boden zu weich, schliesst sich eine Rinderhaltung auch fast aus. Geht natürlich, ist aber nich effektiv. :?:
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Beitragvon Nika E.S. » 21.06.2008 11:13

Das mit der 'Verzwergung' ist bei fast allen Haustieren um die Zeit zu beobachten, Schwein, Schaf/Ziege... viel später auch beim Hund. :-)

Der Grund ist nicht so sehr das Futter - sicher auch, bzw. umgekehrt, heute bekommen sie besonderes Futter um das schnellere Wachstum zu unterstützen.
Der Grund war eher die Haltung in Gefangenschaft an sich. In freier Wildbahn regelt sich der Fortpflanzungszyklus durch Rangkämpfe und die weiten Entfernungen und die Weibchen werden nicht sofort nach der Geschlechtsreife gedeckt und haben meist noch Zeit vollkommen auszuwachsen (bei den meisten Säugetieren tritt ja die Geschlechtsreife ein noch ehe sie vollkommen 'erwachsen' sind).
Nun hält man die Tiere auf engerem Raum, und übernimmt selbst die Auswahl des Männchens, das sich fortpflanzen darf, also nur eines bei der Herde aus Weibchen, und das deckt dann ohne Konkurrenzkampf alle Weibchen. Bei Trächtigkeit stellen diese dann das weitere Wachstum ein und bleiben kleiner. Kleinere Weibchen bringen auch nicht mehr ganz so große Jungtiere zur Welt - und wenn doch ein großes dabei ist überleben sie die Geburt meist nicht. Als Folge wird man auch kleinere Männchen auswählen, die von der Größe zu den Weibchen passen...

Wenn man dann nicht aktiv gegen diesen Mechanismus wirkt, wie es die Römer später taten werden die Tiere nach und nach kleiner.
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Beitragvon Fridolin » 21.06.2008 11:20

Was war mit Inzucht?

Schöne Wochenendgrüße

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Beitragvon Fredewulf » 22.06.2008 09:05

Bemerkenswert finde ich, dass die römischen Rindviecher und Pferde deutlich größer waren. Die römische Rinder erreichen ja durchaus Ausmaße heutiger Rinder. :roll:
Ich kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Römer in der Viehzucht einfach deutlich mehr draufhatten als Kelten und Germanen. Wahrscheinlich bedarf es schon eines römischen Landgutes mit entsprechender Stückzahl um ordentliche Linienzucht zu betreiben.
Die Sache mit dem Vorzug der Milchwirtschaft spielt sicherlich auch eine Rolle und das Argument des Futtermangels im Winter habe ich auch schon öfters gelesen. Das Problem ist, dass im Winter kein Gras wächst. Rotwild verbeißt bekanntlich die Bäume oder, wenn es nicht vom Jäger "gehegt" wird. Wie Auerochsen über den Winter kamen, ist ja leider nicht mehr feststellbar. Der gemeine Bauer jedoch legt im Sommer große Vorräte von Heu an und sein Vieh durch den Winter zu kriegen und schlacht zu Beginn des Winters traditionell einen großen Teil des Bestandes.

Interessant sind hier noch Daten über den Anteil von Rinderknochen in eisenzeitlichen Schlachtabfällen nach Driesch 1993:
Heuneburg, Baustadien 11-4: Rind 52%, Schwein 33%, Schaf 8%, Wild 5%, Pferd 2%
Manching: Rind 42%, Schwein 20%, Schaf 20%, Pferd 5%, Hund 1%
Die deutliche Dominanz des Rindes und den geschlachtenden Tieren dürfte ja offensichtlich sein.
Die ist um erstaunlicher, betracht man einige Besonderheiten des Rindes.
Rinder haben im Gegensatz zu Schafen oder Schweinen eine lange Generationszeit. Sie werden erst im alter von zwei Jahren geschlechtsreif.
Beim Schwein sindd bekanntlich Mehrlingsgeburten die Regel und auch mehrere Würfe im Jahr. Bei Schafen und Ziegen sind zumindest Zwillingsgeburten häufiger und unproblematischer als bei Rindern.
Wie üblich ist ungefähr die Hälfte der Nachkommenschaft männlich und gibt folglich keine Milch.
Interessant ist natürlich noch, dass Kühe nur Milch geben, wenn sie gekalbt haben. Also: Man muss Rinder züchten, wenn sie melken will!
Nach fast 3 Jahren guter Pflege ist ein Kalb also zur Milchkuh gereift, wenn es nicht gerade einen Bullenkalb war. :wink:
Fredewulf
 

Beitragvon Nika E.S. » 22.06.2008 12:00

Rind wird wegen der Fleischmassen bevorzugt. Es setzt schnell Masse an im Gegensatz zum Schwein. Wenn man dem zuviel Freiraum lässt verbrennt es sofort alle Fettreserven wieder. Allerdings kann man Schweine mit allem füttern was man selbst nicht essen kann. Trotzdem denke ich ist die Masse der Tiere ausschlaggebend gewesen.

Ich kann nur zu dem Schluss kommen, dass die Römer in der Viehzucht einfach deutlich mehr draufhatten als Kelten und Germanen. Wahrscheinlich bedarf es schon eines römischen Landgutes mit entsprechender Stückzahl um ordentliche Linienzucht zu betreiben.


Das stimmt nun so nicht. die kleineren Rinder haben auch Vorteile, v.a. in der Haltung. Sie brauchen nicht so viel Futter um sie durch den Winter zu bringen. Gekonnt hätten es die 'Kelten' und 'Germanen' wohl schon, blöd waren sie auch nicht. Es ist anzunehmen, daß als Haltungsform der Waldweidebetrieb vorherrschend war - mangels größerer Stallungen - sprich: man trib die Rindviecher Tagsüber in den Wald damit sie sich dort sattfressen (bewacht von Hütehunden - gibt auch ne Stelle bei van den Driesch glaub ich mit eingetretenen Hundeschädeln, als Folge der 'Bewachung') natürlich wurden dort im Wald auch ab und zu Kühe von Wildrindern gedeckt, es kam also sicher zu Einkreuzungen, die man aber wohl nicht weiter gezielt herbeiführte.

Die Rämer dagegen hatten wohl schon etwas wie eine Massenproduktion nötig, wie wir es heute betreiben, da mussten die Tiere grösser gezüchtet werden, wobei sie halt dann auch unverhältnismässig mehr Futter brauchen.

Übrigens haben auch die Schweine dieser Zeit noch längere Generationsfolgen und die Schafe ebenfalls. Du darfst sie nicht mit unseren heutigen frühreifen Arten vergleichen.
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