Waschen in der Ur- und Frühgeschichte

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Waschen in der Ur- und Frühgeschichte

Beitragvon Blattspitze » 11.02.2010 09:28

Ich weiss nicht recht unter welcher Rubrik dies zu posten wäre.
Hat jemand Infos, was wohl das mindeste an erforderlicher Körperhygiene ist, bevor es zu existenzgefährdenden Problemen kommt?
Muss sich HS regelmäßig waschen um existieren zu können, oder ist es vorstellbar dass, ... ähh? Es gibt ja bedauernswerte Obdachlose, die scheints ohne jahrelang auskommen?
Haben sich z.B. Inuit regelmäßig gewaschen (Jagd erfordert eine gewisse Eigengeruchsfreiheit?
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Beitragvon magali » 11.02.2010 10:34

Meinst du jetzt rein gesundheitliche Probleme (von unserer modernen Sicht aus, Typ Krätze und ähnliche Hautkrankheiten) oder eher das ehem... olfaktorische Problem, das letztendlich auch von unserer neuzeitlichen Wahrnehmung geprägt ist...

ich persönlich glaube, dass wir überziviliserten Europäer ein Problem damit hätten in einer Höhle oder Hütte (oder was auch immer) mit 10-15 "ungewaschenen" sapiens zu leben... oder vielleicht gewöhnt man sich ja nach einer Weile an bestimmte Gerüche und nimmt sie nicht wahr...

wie das mit Hautkrankheiten etc aussieht, wüsste ich jetzt auch nicht... eventuell waren Hautkrankheiten und/oder Ausschläge in bestimmten Perioden der Menschheitsgeschichte eher "normale" Begleiterscheinungen... was auf uns eher beunruhigend wirken würde .... interessanter Gedankengang...
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Beitragvon ulfr » 11.02.2010 11:30

Wie magali schon sagt, ist die Einstellung zum Schmutz eine kulturell geprägte.
Sommer, U. 1998: Kulturelle Einstellungen zu Schmutz und Abfall und ihre Auswirkungen auf die archäologische Interpretation, DEGUF, Archäologische Berichte 11, Bonn, Habelt, 41-54

Die Pfahlbauer, die im Sommer 07 in der Schweiz 4 Wochen Steinzeit lebten, haben sich nur sehr selten und dann ohne Seife gewaschen. Interessant war, dass icham Ende der Zeit bei allen schon ein gewisses Gemüffel festgestellt habe, was nicht eigentlich unangenehm war, sondern nur ungewohnt, während sie untereinander keinen ungewöhnlichen Geruch wahrgenommen hatten.

Soweit ich weiß, braucht sich ein Mensch gar nicht zu waschen, wenn er sich gesund ernährt und viel an der frischen Luft ist. Hautkrankheiten etc. entstehen wohl nur da, wo das Immunsystem angegriffen ist. Und Parasiten holt man sich auch trotz Waschens, das liegt wohl mehr an den allgemeinen hygienischen Verhältnissen.

Ist aber ein interessantes Thema, dem man mal auf den Grund gehen sollte. Wir hatten es hier im Forum schon mal am Wickel, aber ich finde es gerade nicht. Ich guck gleich mal bei den Inuit etc., ob ich da was finde ...
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Beitragvon Blattspitze » 11.02.2010 11:33

Hallo Magali, ich meine in erster Linie gesundheitliche Probleme, also ob es eine Art äußeren "Waschzwang" gibt, der sich aufgrund von Spezifika der menschl. Haut in Verbindung mit erforderlicher Kleidung ergibt (Parasiten, Krankheitserreger, ...?).
Aufgrund jagdlicher Erfordernisse sind, meine ich, von verschiedenen Ethnien vorherige Waschungen u.a. bekannt.
Ein mögliches Geruchsproblem der Menschen untereinander gab`s wohl kaum, wenn alle gleich stark gemüffelt haben?!
Edit:
Danke Ulfr!
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Beitragvon Steve Lenz » 11.02.2010 11:40

Auf die Inuit bezogen, persönliche Erfahrungen:

Waschen tut man sich nur in der Siedlung (warme Behausungen), auf der Jagd wischt man sich lediglich das Blut ab, wäscht sich höchstens mal die Hände. Ansonsten haben Jäger mit- und untereinander keine olfaktorisch begründeten Probleme während der Tour (im übrigen fielen mir die geduschten Nicht-Inuit-Oilworker eher unangenehm auf diesbezüglich - und die gehen mit den "stinkenden" Natives wenig ziemperlich um, wenn die sich mal in eine Bar trauen).

Und ich konnte auch keine Hautkrankheiten erkennen - außer Cola-bedingte Akne!

Ich muß grad grinsen. Ich habe gerade das Gesicht der Leute auf dem Airport vor Augen - als ich vor ihnen stand. :mammut2: Walroßfett macht nen zarten Teint!
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Beitragvon Fridolin » 11.02.2010 11:51

Die gesunde Haut ist von unzähligen Mikroorganismen bewohnt (u.a. von Milchsäurebakterien), die einen natürlichen Schutzmantel gegen schädliche Mikroorganismen bilden - die werden nämlich einfach aufgefressen. Die Schutzwirkung entsteht auch durch einen leicht sauren pH-Wert.
Hautärzte warnen vor zu häufigem Waschen mit (alkalischer) Seife, da dadurch der schützende saure pH-Wert der Haut neutralisiert wird und andererseits die günstigen Mikroorganismen geschwächt werden. Pilzinfektionen sind oft die Folge.

Waschen sich Tiere? Die reinigen sich, um Parasiten zu entfernen...

Interessantes Thema!

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Beitragvon ulfr » 11.02.2010 12:15

Das hab ich so erwartet: Zwei dicke Wälzer über Inuit, alles haarklein beschrieben vom Hundegeschirr bis zum Männerfaustkampf, aber kein Wort zur Körperhygiene. Und so ist es überall - das Thema wird einfach ausgeklammert oder nicht bearbeitet. Ich werde da mal weiterforschen ...
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Beitragvon Nils B. » 11.02.2010 12:19

Kommt wohl auch auf die Geographie an.
Hautpilze sind in Dschungelgebieten wohl ein gängiges Übel, sowohl bei dort lebenden Natives, als auch bei z.B. gebietsfremden Soldaten.
Daß man dem mit Waschen beikommt oder vorbeugen kann, denke ich eher nicht. Allerdings gibt es wohl genug Pflanzen mit fungizider Wirkung, aus denen sich mit geringstem Aufwand entsprechende Gegenmittel herstellen lassen.

Größere Probleme sehe ich bei der Zahnhygiene, insbesondere, wenn man sich die zerfressenen Kieferknochen diverser antiker Schädel betrachtet.
Solche Entzündungen sind äußerst schmerzhaft, olfaktorisch für Mitmenschen schwer zu ertragen und können über Blutvergiftung sogar tödlich enden.
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Beitragvon ulfr » 11.02.2010 12:45

Bücher gibts wohl einige zum Thema (Suchwort: Geschichte der Hygiene), vielleicht bringt ein Besuch im Hygiene-Museum in Dresden mehr. Claudia müsste sich da auskennen, die wohnt doch da...
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Beitragvon Manu » 11.02.2010 13:06

Ich glaub, da wär auch das Thema der Haare dran. Gibt es nicht spzezielle Frisuren für Gegenden, wo die Menschen Probleme mit Parasiten haben. Und ich glaube bei Ötzi hat man auch verschiedene Parasiten auf Haar und im Darm! gefunden. Also, auch das Essen kann unangenehme, oder lebensbedrohliche Parasiten übertragen. Ist man nicht noch zwischen den Weltkriegen an "Bandwürmern" gestorben?

Eine zeitlang hat man auch lieber gepudert als gewaschen und ach ja, es gab für den Kopf kleine "Döschen" aus Knochen, in die man in Blut getränkte Wattebäusche gab. Die Flöhe sind durch kleine Löcher rein, und vollgesogen nicht mehr rausgeskommen. Der Wattebausch wurde verbrannt im Knochendöschen. :lol:

Der "Riechfaktor" spielt denke ich nicht so eine große Rolle, das hatten wir auch schon mal mit dem Waschen der Wäsche in einem anderen Thread besprochen.
Manu
 

Beitragvon Patrick M. » 11.02.2010 15:53

Ein wirklich interessantes Thema. Mir fällt dazu spontan ein Spruch, weiß nicht wo ich es gelesen oder gehört hab, eines WK I. Frontkämpfers ein.
"Dreck hält warm und macht wasserdicht".
Die Frage des Geruchs wurde ja schon behandelt. Außerdem ist das sicherlich nicht mehr so schlimm wenn man öfter mit Vieh zu tun hat. Zumindest das sollte ein strenger gerucht ja auch nicht ungewohnt sein.
Patrick M.
 

Beitragvon Hans T. » 11.02.2010 17:38

Von nicht-waschen wird man nicht krank. Das ist eine alte bürgerliche Erziehungsparabel. Krätze zb werden durch Milben verursacht und nicht durch nicht-waschen.

Auch stinkt man nicht. Richtig stinken tun Menschen, die sich ab und zu waschen und sich 'falsch' kleiden. Man kann das auch medizinisch, biologisch und chemisch erklären.

Persönliche Erfahrung mit obdachlosen Menschen: Sie riechen eher erdig, wenn sie ingesamt auf sich achten bzw keine alkoholbedingten weiteren Probleme haben.

H
"Des is wia bei jeda Wissenschaft, am Schluß stellt sich dann heraus, daß alles ganz anders war."
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Re: Waschen in der Ur- und Frühgeschichte

Beitragvon Merha » 11.02.2010 19:51

Blattspitze hat geschrieben:Haben sich z.B. Inuit regelmäßig gewaschen (Jagd erfordert eine gewisse Eigengeruchsfreiheit?


Wenn die Robe die Nase zum Luftloch rausstreckte war's schon zu spät zum riechen :razz:
Merha
 

Beitragvon GeTe » 11.02.2010 21:44

Ein Spruch aus Lappland dazu: Frischgeduschte mögen die Mücken am Liebsten :shock:
GeTe
 

Beitragvon Blaubär » 11.02.2010 21:59

Also ich war schon ca. 10 Tage mit 10 Homo sapiens in einer Höhle ohne groß waschen und Wechselklamotte. Der Geruchsfaktor tritt erst nach der "Dusche danach" auf. Da merkt man dann wie man stinkt. Spass beiseite: In der Höhle fängt man ernsthaft das stinken an, weil so ein Schlaz nicht wirklich atmungsaktiv ist und die Haut leidet. Das liegt aber wohl eher an der steten Feuchtigkeit ineiner Höhle. Ansonsten sind meine Erfahrungen vom wandern eher positiver. Vernünftige Klamotte aus Naturfaser ist mir da lieber. Da riecht man nämlich nicht so.
Also der Kleidungsfaktor ist nicht zu unterschätzen.

Servus,
der Blaubär
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