Kochen und mehr in Keramiktöpfen - eigene Erfahrungen durch

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Beitragvon Joze » 01.09.2009 11:38

gutes Thema!
Ich selber habe schon vor 20 jahren auf heissen Steinen "chapatti" (Fladenbrot) gebraten; habe aber auch schon Keramiktopf über den Feuer gestellt und gekocht/gebraten (heuer im Sommer auf Veranstalungen uid zu hause). Also - es geht.
Gibt aber einen Trick - in Museum Novo mesto gibt's Funde: Tontopfuntersetzer, den liegt man zwischen Tontopf und Glut. Habe schon zwei Recos gemacht und benütze die auch.

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Beitragvon Andreas K. » 01.09.2009 12:44

Oder einfach ohne Untersetzer direkt in die Glut stellen. Hat der Keramiktopf einen Deckel und ist selbst nicht zu hoch gebrannt, kann man vorsichtig außenrum noch ein Feuer anschüren. Vor dem Benutzen aber nicht das Wässern vergessen, dann lebt der Pott länger. Ich verwende neben unhistorischen Gußeisentöpfen (einfacher zu beschaffen und ich fühl mich sicherer als bei Buntmetall-Guß-Töpfen) eigentlich nur unglasierte Irdenwaretöpfe (Kugeltopf und Flachbodentopf) im Freien ohne Untersetzer. Die einzigen von mir festgestellten "Nachteile" im Vergleich zu Stahltöpfen sind: höhere Bruchanfälligkeit, nur schlecht auf Ceranfeld zu verwenden, muss ohne Spülmittel gut gereinigt und trocken gelagert werden (Schimmelgefahr wegen organischer Reste in den Poren). Bin bisher sehr zufrieden mit meiner Keramik.

Außerdem gibt es ja in Ufg, Mittelalter und Neuzeit auch Keramik mit "Füßchen", d.h. der Dreibeinuntersetzer wird schon mitgeliefert.
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Beitragvon Chris » 01.09.2009 14:41

Kochen in Tontöpfen ist ein tolles Thema - und überhaupt nicht so schwierig, wie man immer hört ("Öh, ne, in Toooontöpfen? Die sind doch unhygienisch, und die gehen ganz leicht kaputt, und immer das Wässern vorher, und dann müssen sie niedrig gebrannt sein..... Nee, ich koch lieber im Kessel!")

wenn man sich mal traut, Bruch zu riskieren, stellt man fest - kein Bruch :D

was wir mit den Dingern nicht schon alles angestellt haben...
- generell kochen ohne vorher zu wässern
- Tontopf neben oder auch im Feuer, direkt auf / in der Glut etc.
- niedrig und hoch gebrannte Keramik und Steinzeug verwendet (jo, im Spätmittelalter waren eben auch hochgebrannte Kochtöpfe gebräuchlich...)
- Anbraten im Tontopf - geht auch, solange man mit heißem Wasser / Brühe ablöscht...
- im modernen E-Backofen im Tontopf Suppe kochen oder überbacken (ok, nicht historisch, aber lecker *schiel zu Andi*)
- auf Tonplatten in der Glut Fische braten
- usw.

ein einfacher Trick, um Schimmel zu vermeiden: Topf ordentlich saubermachen, dann leer nochmal heiß werden lassen - im Feuer oder im heimischen Backofen ;-) dann schimmelt nix
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Beitragvon Andreas K. » 01.09.2009 15:16

Ähm Steinzeug im Spätmittelalter zum Kochen :o? Ist mir als Mittelalterarchäologe bisher nicht untergekommen, wo ist das den her (dazulernen ist immer toll)? Bisher kenne ich nur englisches Steinzeug und -gut 18./19. Jahrhundert zum Kochen auf dem Sparherd. Das ist dann geschätzte 1-3 cm dick.
Die Sprüche zu unglasierter Keramik haben wir auch schon abbekommen. Wir wollten uns spätmittelalterliche Pötte bei ner Töpferei machen lassen, da wurden wir extra netterweise darauf hingewiesen, dass man dann da aber nicht drin kochen kann, da muss unbedingt eine Glasur drüber, damit das geht und man sich nicht vergiftet (hatte bisher nur eine Lebensmittelvergiftung und die hatte ich nicht von meinen Pötten, sondern von was neuzeitlichem, das jemand anderes unter "hygienischen" Bedingungen gekocht hatte). Wir wässern immer ca. 30 min.. In der Anfangszeit haben die Pötte ohne Wässern Risse bekommen (waren aber auch ganz schöne Höllenfeuer, die meine Freundin da geschürt hatte), seit dem wir Wässern sind die Risse nicht mehr größer geworden, zusätzlich sind sie jetzt im Drahtgitter.

Elektroherd und Backofen habe ich noch nicht ausprobiert (Backofen geht bestimmt super, gibt ja schließlich auch den Römertopf aus Keramik). Ceranfeld ist aber bisschen blöd, weil die Magerungspartikel das Glas verkratzen können. Bei ner Eisenherdplatte bin ich mir nicht sicher, ob der Topf nicht eventuell wegen unregelmäßiger Wärmeverteilung leidet.

Ich stell mein Zeuch nach dem gründlichen spülmittel-freien Abwasch immer in die Sonne, wenn die Zeit dazu da ist, sonst auch neben dem Feuer getrocknet. Daheim kommen sie dann auf den Küchenschrank mit der Öffnung nach oben und ohne Deckel.

Beim letzten Einsatz habe ich in meinem Kugeltopf einen Haufen Nacktgerste angeröstet um eine "gebrennte" Gerstengrütze für 3 Personen zuzubereiten. Jetzt ist trotz Putzen an der einen Stelle innen ein schwarzer Streifen von etwas zu stark angebrannten Getreidekörnern. Macht aber nichts, dafür hängt da zumindest nichts mehr an :wink:

Ich koch immer gerne in meinen Pötten und kann die komischen Gulaschtopf-Spätmittelalterer nicht verstehen, die auf das neuzeitliche Emailzeuch schwören.

Soviel zum Erfahrungsbericht,

Andreas
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Beitragvon Bullenwächter » 01.09.2009 15:22

Auch keine experimentelle Archäolgie - aber ein Experiment:

Meine Idee war, dass Hefen, Pilze und Bakterien bestimmt ein paar Wassermoleküle enthalten und wenn ich sie in der Mikrowelle traktiere kann ich sie damit abtöten. Gedacht, getan: Den gebrauchten und schimmligen Becher mehrere Tage auf der Heizung trockenen lassen, damit sämtliche Feuchtigkeit aus den Poren gezogen ist und ab in die Mikrowelle und den Timer aufgedreht. Leider hat sind dann mein Becher nur partiell sehr stark erhitzt und ist gesprungen.
:oops:
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Beitragvon Andreas K. » 01.09.2009 15:34

Selbst wenn es funktioniert hätte, wäre immer noch das Problem mit den toxischen Produkten geblieben, die sich so leider nicht zersetzen. Mehrmaliges Ausspülen mit heißem Wasser, vorsichtiges Erhitzen der Keramik ohne Inhalt auf dem Feuer und anschließend mehrmaliges Auskochen mit Wasser auf dem Feuer dürfte in solchen Fällen mehr bringen (aber nur, solange der Schimmel nicht zu stark war).
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Beitragvon ulfr » 01.09.2009 17:18

Auf Mallorca beispielsweise wird noch immer in unglasierten Keramikpötten auf offenem Feuer gekocht, das Gemüse nimmt dann sehr schön den Rauchgeschmack an. *schmatz*

Ich scheuer meine Pötte mit Sand aus, spül sie heiß aus uns stell sie dann in die Sonne.

Falls doch mal was schimmelt, Essigessenz und Ostseesand :twisted:
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Beitragvon Chris » 01.09.2009 19:32

Andreas K. hat geschrieben:Ähm Steinzeug im Spätmittelalter zum Kochen :o? Ist mir als Mittelalterarchäologe bisher nicht untergekommen, wo ist das den her (dazulernen ist immer toll)?


ähm, oder wie heißt das??? bin doch kein Keramikspezialist :oops:

wie heißt das denn, was es im Spätmittelalter hochgebranntes gibt?
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Beitragvon Andreas K. » 01.09.2009 20:11

Im Spämi. gibt es hauptsächlich klingend gebrannte Irdenware (relativ hoch gebrannt, ist noch kein Steinzeug), die wird für Vorratsgefäße und Kochtöpfe verwendet. Die ist aber meistens nicht so hoch gebrannt wie die, die man bei den meisten Töpfern heute bekommt.
Gelegentlich gibt es im Spämi auch noch etwas niedriger gebrannte Keramik.
Oft ist Irdenware unglasiert, ab dem Spämi. zunehemend zuerst außen, dann innen glasiert.

Dann gibt es noch Protosteinzeug und Steinzeug, im Spämi. hauptsächlich für Becher, Kannen, Flaschen, Vorratsgefäße verwendet. Der Scherben ist (fast) völlig durchgesinter und hat einen "glasartigen" Bruch (als Vergleich der Materialeigenschaften dürften bekannt aus dem 18./19. Jh. sein: Mineralwassekrüge, Westerwäldersteinzeug (grau mit blauer Bemalung) und ähnliche "Flohmarktartikel"). Unglasiert oder mit "Salzglasur" d.h. bei einer bestimmten Temperatur wird Kochsalz in den Feuerraum des Ofens geworfen, das "verdampft" und mit dem Ton der Ware zu einer glasartigen Oberfläche reagiert. Die "Glasur" weißt bei näherer Betrachtung (nahezu) keine Risse auf. Meines Wissens erst im 18. Jahrhundert in besonders dicker Ausführung und aus Spezialtonen in England als Kochgerät verwendet. Problem: der Scherben ist so stark durchgesinter, dass er Hitzeschwankungen nicht gut verträgt und häufig stark splittert.

Steingut: ist keine Irdenware, hat aber einen ähnlich porösen Scherben, wird generell zumindest einseitig, meist zweiseitig glasiert. Wird als billige Imitation von Steinzeug und ab dem 18. Jahrhundert auch von Porzellan verwendet. Sieht oberflächlich aus wie Steinzeug, hat aber im Bruch kleine Bläschen wie Irdenware. Wenn man sich die Oberfläche anschaut, sieht man haarfeine Risse wie bei glasierter Irdenware, weil die Glasur aufgrund der Benutzung und der Spannungsunterschiede zur Keramik darunter "aufreißt".

Da mir aus dem Mittelalter kein Steinzeug als Kochtopf bekannt ist, aber aus dem 18./19. Jahrhundert schon, hätte es mich halt interessiert, ob ich was übersehen habe.

Für alle Fachleute: ja natürlich gibt es noch andere Warenarten wie Fayence, Graphittonkeramik,..... Und meine Beschreibungen sind nicht immer ganz korrekt, aber für Interessierte hoffentlich dennoch verständlich.


Ich selbst verwende einen relativ hoch gebrannten Irdenwaretopf aus geschlossenem Feld- oder Grubenbrand aus rumänischer Produktion (ist aber noch nicht so hoch gebrannte wie bei uns aus dem Elektro-Ofen).
Und einen etwas niedriger gebrannten Kugeltopf aus offenem Feld- oder Grubenbrand

Gruß,

Andreas
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Beitragvon Andreas K. » 01.09.2009 20:21

Frage in die Runde: Gehört das eigentlich noch hierher, oder sollten wir ein neues Thema aufmachen?? Oder gibt es schon ein Thema zu Steinzeug und Irdenware??
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Beitragvon Fridolin » 01.09.2009 20:45

Nix dagegen, würde das Thema "Keramik" gerne vertiefen

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Beitragvon Chris » 02.09.2009 07:31

Andreas K. hat geschrieben:Frage in die Runde: Gehört das eigentlich noch hierher, oder sollten wir ein neues Thema aufmachen?? Oder gibt es schon ein Thema zu Steinzeug und Irdenware??


Guuute Idee, hab das geteilte Thema mal zur Ernährung gepackt. :idea:

Da das Spätmittelalter ja nicht mehr zum Zeitbereich des Forums gehört, ist hier jetzt Platz zur Diskussion über das Kochen in Keramik im Allgemeinen - von mir aus ruhig gemischt durch die Zeiten, das sich die Technik an sich ja nicht so grundlegend wandelt...

Feuer frei :schnitzen: :kessel:
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Beitragvon Joze » 02.09.2009 10:48

Antworte spätter zum Thema über Tontopfuntersetzer: Also, in Novo mesto Museum sind solche Funde bekannt und darum vermute ich, dass damals wahrscheinclih keramisches Geschir (Topfe) nicht Feuerhitze ertragen haben (?). Heute geht auch ohne mit guten Tonqualität.

Joze
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Beitragvon Jøran » 02.09.2009 13:21

Oder diese Tontopfuntersetzer dienten mehr für die Stabilität der Töpfe.
Man müsste sich die mal ansehen und auch, wie die Töpfe darin/darauf stehen.

Ich finde das immer wieder sehr Interessant, wenn ein Topf in der
Glut steht.

Und da ich am 20. august endlich mal sehen konnte, wie diese Töpfe gebrannt werden, will ich mehr Töpfe haben. :bleeep:

Übrigens Bilder von der Aktion sind hier: http://www.flickr.com/photos/kai-erik/sets/72157622117865534/

Hilsen

Jøran-N.
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Beitragvon Joze » 02.09.2009 14:27

Hmm, auch möglich (also: vielseitige Verwendung), aber Querschnitt ist bei manchen die Durchmesser ca. 11-13cm haben, 5 cm oder mehr. Denke, dass diese Dicke wenn die nur zum stabilisieren wäre, überflüssig wäre (also: unbegründet). Der Arch. Borut Kriz spricht in dem Fall vom Topfuntersetzer. Die habe ich im Feldbrand gebrannt. Zum Stabilisieren kann man sonnst einfach auch Keramikstücke verwenden und die je nach Bedarf/Wunsch brauchen/untersetzen/anpassen.
Ich überlege nur - weil ich möchte auch in Richtung historisch belegtes Kochen gehen.
Hier stellt mir auch die Frage nach Wasserlagerung (Ziel: Wasser Geschmack muss ok bleiben), also, Funde von Lt 10l oder mehr Gefässe. Aber das ist anderes Thema.

Joze
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