TV-Werbesendung für Raubgräber

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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon hugo » 19.01.2012 21:10

@Hans T.: Als Hobbyjurist war ich noch nie unterwegs sondern zieh in solchen Fragen Experten heran. Noch dazu kenn ich Deutsches Recht überhaupt nicht. Trotzdem gibt es für mich in der Situation nur zwei Wege: den legistischen oder lobbbyistisch über eine FB-community. Nach meiner Erfahrung gibt es mehr uns freundlich gesinnte Hobbyarchäologen als Raubgräber, die sich genau so nennen. Recherchiert hab ich es aber nicht. Ich kann mich noch an den "World Diggers Day" erinnern, an dem erstaunlich viele Archäologen Teil nahmen. Wenn wir die wieder aktivieren können, hätte ZDF das Nachsehen.

noch nicht ganz ausgegoren, aber ein Anstoss

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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon LS » 19.01.2012 21:34

Hallo,
mehr als einen moralischen Sieg (Richtigstellung im ZDF) wird man sicher nicht erreichen können. Alle weitergehenden Wünsche scheinen mir völlig weltfremd. Bis auf einige wenige Verurteilungen wegen Hehlerei in schweren Fällen sind mir in Deutschland keinerlei Verurteilungen von Sondengängern und Raubgräbern bekannt. Es wäre ja schön, wenn es anders wäre...
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon Hans T. » 19.01.2012 23:21

@Hans T.: Als Hobbyjurist
...aber ich bin einer, allerdings meist wider Willen... :10:

Hingemailt hab ich mal, aber ich rechne nicht mit einer Reaktion, mal sehen.

H
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon Mark77 » 19.01.2012 23:39

Hans T. hat geschrieben:
@Hans T.: Als Hobbyjurist
...aber ich bin einer, allerdings meist wider Willen... :10:

Hingemailt hab ich mal, aber ich rechne nicht mit einer Reaktion, mal sehen.

H


Ich glaube auch nicht, dass es eine Reaktion gibt. Auch wenn du nicht der Einzige bist, der hingeschrieben hat. Kenne nun viele, aber viele sind eben nicht genug. Ich denke man bräuchte sowas wie eine Lobby, ein Dachverband, o.ä.

Grüßle,
Markus
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon FlintSource » 20.01.2012 01:46

So, ich habe es gerade geschafft die Sendung nach dem täglichen Geschäft anzusehen. Zugegeben, ich habe mich wahnsinnig geärgert, aber das ist persönlich und nicht wichtig. Ich könnte für den Bereich der mich direkt betrifft eine zwanzigseitige Gegendarstellung verfassen, aber dafür ist mir meine Lebenszeit zu Schade. Dann nehme ich lieber das Sponsoringangebot von Trebon an und belustige ich einen kleinen Kreis mit einer schönen Geschichte.

Vielleicht gehe ich es zu analysierend an, aber einen Aufruf zur Suche nach archäologisch relevanten Gegenständen kann ich in dem Beitrag nicht erkennen. Klar, es ist absolutes Bild- und MoPo-Niveau, ich spühre jedoch eine erhebliche Menge Ironie. Das wichtigste das in dem Beitrag gefunden wird ist eine nicht näher datierbare Schnalle, die Sache mit dem Kessel aus dem Chiemsee fand ich sogar recht gelungen. Immerhin gab es auch einen deutlichen Hinweis bei den SchatzFINDERN, dass die Schätze abzugeben sind. Und die Einlage mit den unerfolgreichen Holländern beim Steinensuchen war angenehm ins lächerliche gezogen.

Die Sache mit dem Wettiner ist völlig daneben, dass die Stücke sich im Hermitage befinden ist seit den Fünfzigern bekannt, einige der Bilder die als Weltneuheit präsentiert wurden, waren bereits in 1996 vorhanden. Aber dazu auch mehr am Biertisch.

Natürlich realisiere ich mich, dass viele Deppen diesen Beitrag zur besten Sendezeit als eine Aufforderung zur Schatzsuche aufnehmen werden, wobei tatsächlich archäologisches Kulturgut in Mitleidenschaft gezogen werden kann. Aber die richtigen Raubgräber haben bei dieser Sendung schüttelnd vor Lachen vorm Fernseher gesessen bei dem Anblick von soviel Dilettantismus!
Je größer der Dachschaden, desto schöner der Aufblick zum Himmel.
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon LS » 20.01.2012 10:18

Moin,
zugegeben: hab nur die Sache mit dem Wettiner-Schatz gründlich angesehen und mich ansonsten so durchgezappt. Was in den ersten Minuten kam, hat mir aber schon gereicht, dass mir der Kamm schwoll. Der Sondengänger geht im Moritzburger Park rum (könnte ja ein Grabungsschutzgebiet sein?, dann ohnehin verboten), die Sonde schlägt an, er buddelt und zieht die Kanne raus. Spätestens dann wäre ja wohl absolut verpflichtend gewesen, die Behörden anzurufen. Die Leichtfertigkeit, wie sowas übergangen wird, ist schon zum Kotzen. Ich bleibe mal dabei: am effektivsten ist, sich in der Sache beim Pressevertreter vom Sächsischen Landesamt zu beschweren, dass hier offenbar kein ausreichendes Problembewusstsein hergestellt wurde, als die Doku gedreht wurde.

Schöne Grüße, L.
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon hugo » 20.01.2012 18:27

Für alle FBler: Rainer Schreg machte mich in der Gruppe AWW auf eine Gruppe aufmerksam, die gezielt gegen Raubgräberei und damit verbundene Hehlerei auftritt.

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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon ulfr » 20.01.2012 19:05

Wozu in die Ferne schweifen ... Rainer hat sich gerade hier angemeldet
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon hugo » 20.01.2012 19:39

Dann funktionierte meine Werbung fürs Forum.
Übrigens war ich zu optimistisch. In Österreich reicht die Raubgräberlobby bis in die Bundespräsidentschaftskanzlei.
lG
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon RSch » 20.01.2012 23:46

Hola,

Helmut Windl hat mich auf die Diskussion hier aufmerksam gemacht.
Eine ähnliche Diskussion gibt es auf facebook https://www.facebook.com/groups/175882472424337/

Ich habe mich über den Beitrag auch geärgert und mich sowohl an das ZDF als auch an http://www.programmbeschwerde.de gewandt. Das sollten viele individuell mit ihren Argumenten und Eindrücken machen. M.E. ist das sinnvoller, als sich bei irgendwelchen Ämtern zu beschweren oder rechtliche Geschütze aufzufahren.

Das Problem liegt in der Sensibilisierung der Medienvertreter und der Öffentlichkeit (und der Richter) - und in der Selbstdarstellung der Archäologen über das was sie tun. Meines Erachtens haben diese alltäglichen Probleme mit Raubgräbern und Antikenhehlerei sehr viel mit einem Nachholbedarf in der Selbstreflektion (um nicht zu sagen in der Theorie) des Faches Archäologie zu tun. Was ist Geschichte? Für viele, grade auch für viele Sondengänger ist Geschichte einfach, das Gefühl, etwas Altes in Händen zu halten, zu dem man sich dann eine Geschichte ausdenkt. Das ist, wenn man in so manche Fachliteratur schaut, auch bei manchen Profis nicht viel anders. Die Fixierung auf das Objekt ist oft eine Folge davon - ob es vom Archäologen typologisch oder archäometrisch untersucht wird, vom Reenactor liebevoll rekonstruiert oder vom Sondengänger begierig aus dem Boden gerissen wird. Funde sind nicht Geschichte!
Wir alle müssen mehr darüber nachdenken, was wir von der Geschichte lernen wollen und in welchem Bezug die Artefakte dazu stehen. Da gibt es viele mögliche Antworten - und viele Konzepte bzw. theoretische Perspektiven dafür. Dann können wir vielleicht auch spannende Geschichten erzählen, die nicht den Mythos 'Schatz' oder Indy Jones bemühen müssen oder einfach nur auf Sensation spekulieren (da könnte man einige terraX-Folgen als Belege anführen). Die Umweltgeschichte ist da eines von vielen Feldern, aber auch die Frage nach den Faktoren kulturellen Wandels. Was helfen Pressemeldungen nach dem Motto: "Wir haben da übrigens was tolles gefunden..."? Da muss - überzeugend - dargestellt werden, welchen Erkenntnisgewinn das hat. - Das Thema möchte ich hier jetzt nicht weiter verfolgen - das muss irgendwann mal genauer durchdacht in einem wissenschaftlichen Artikel ausgebreitet werden... Da sind nicht unerheblich die studierten 'Profis' gefragt.

Beim Thema Sensibilisierung sind aber alle archäologisch Interessierten herausgefordert: Im Augenblick ist es einfach wichtig, dass die Medien kritische Rückmeldung bekommen. Dachverbände haben da vermutlich mehr Gewicht, aber sie reagieren auch träge, weil sie internen Abstimmungsbedarf haben. Die Masse macht's hier vielleicht eher.
Das ist langfristige Sensibilisierungsarbeit. Wir werden das ZDF nicht dazu bewegen, eine Richtigstellung zu senden, aber vielleicht schämen sie sich wenigstens die Sendung zu wiederholen. Man sollte sie aber auch nicht überdramatisieren. Die ist einfach nur schlecht - leider mit erheblichen Kollateralschäden. Auf ebay wird inzwischen mit dem Beitrag für Metalldetektoren geworben.
Entscheidend ist m.E. die Rückmeldung an die Redaktionen, die das Thema aufgreifen. Bei schlechten Beiträgen allemal, aber auch bei Guten! Dann gibt es vielleicht mehr Sendungen wie Blutige Schätze (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/ ... e-Schaetze) oder Internetseiten wie http://www.swr.de/wissen/geschichte-ges ... index.html . Wenn sich heute ein Journalist im Netz schnell über den Antikenhandel informieren möchte, stösst er erst mal auf die Händlerauftritte - kaum auf die Darstellungen der archäologischen Perspektive.

Das ist langwierige Arbeit - die die "Profis" allein nicht leisten können. Zumal einem die Zeit eigentlich davon rennt. Ich denke, das Netz bietet eine Chance zur Lobby von unten. Als vor über einem Jahr Helmut Thoma seinen Grabraub in Palmyra öffentlich gestand (http://archaeologik.blogspot.com/2010/11/es-war-nacht-und-da-waren-schlangen.htm), hat sich in FB die Gruppe Kulturgutraub gegründet. Beteiligt sind Studenten, Laien, Profis und sogar Professoren. Im Falle von H.T. waren die Aktionen relativ erfolglos (obwohl es gelungen ist, einige DArV, DGUF, SPK und DAI zu einem letztlich aber wirkungslosen Brief zu bewegen), aber im Falle von BILD jagt einen Maya-Schatz (http://archaeologik.blogspot.com/2011/03/bild-jagt-einen-maya-schatz-eine-sehr.html) vermutlich doch auch ein kleiner Teil der Faktoren, die die BILD dazu bewogen haben, ihre Schatzjagd zu beenden (Zugegebenermaßen war die guatemalkanische Polizei wahrscheinlich aber noch wichtiger...). Jedenfalls ist deren online-Strategie nicht aufgegangen, weil sich auf einmal zu viele Archäologen geäußert haben. Dazu: http://archaeologik.blogspot.com/2011/08/archaologie-und-web-20.html und http://www.diane-scherzler.de/downloads/AI_33_Scherzler.pdf


mit diesem langen Statement
meine Grüße in diese Runde!
(und Dank für die Aufnahme)

R. Schreg


PS Das hier zitierte Blog Archaeologik ist übrigens indirekt auch eine Folge von H.T., da damals die Frage aufgetaucht ist, welche Rolle Neue Medien bei so was spielen können. Insofern war das als Experiment gedacht, um (als Netz-Banause) erst mal etwas Erfahrung zu sammeln, was so ein Blog denn eigentlich ist, wie und welche Themen da laufen können.
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Sv: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon Jøran » 21.01.2012 01:29

Hei Rainer,

schön das du nun auch hier gelandet bist. :mammut2:

Hilsen

Jøran-Njål
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon LS » 22.01.2012 11:25

Hallo und danke für die interessanten Links an RSch.
Meine Bemerkungen weiter oben bezogen sich unter anderem auf diese Erklärung der Autorin des Films:
http://zeit.zdf.de/ZDFde/inhalt/5/0,187 ... 93,00.html
Sie haspelt sich da zwar zwischen den Regelungen BGB vs. Schatzregal der Länder durch, völlig unberücksichtigt bleiben aber die Paragraphen der Denkmalschutzgesetze der Länder, in denen das Schatzgraben verboten wird. Es ist ja weniger eine Sache des Besitzrechtes, sondern der Grabungsgenehmigung. Daher war meine Vermutung, dass in den Vorgesprächen zu den Drehs mal wieder der eine oder andere Landesamtsvertreter versäumt hat, eine klare Ansage zu machen. Schon mehrfach haben sich Landesämter bei solchen Anlässen das Fell über die Ohren ziehen lassen in den letzten Jahren (weiteres Beispiel: der sog. "Chiemgau-Impact"). Während man bei Zeitunsginterviews auf die Rechte pocht, die Beiträge vorher lesen zu können, scheint das Fernsehen noch hypnotische Reize auszuüben, dieses Recht nicht vor der Ausstrahlung wahrzunehmen. Auch die Terra-X-Folge zum "Chiemgau-Impact" wurde anschließend trotz der Proteste mehrerer bayerischer Ämter x-mal wiederholt...

Naja, schönen Sonntag noch
(das Leben besteht ja nicht nur aus Meckern, Gottseidank)
L.
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon Hans T. » 22.01.2012 14:21

Mal eine grundsätzliche Frage: Das Graben eines Denkmals ist verboten, geregelt durch div. Denkmalschutzgesetze.

Auf eigenem Grund darf ich auch graben, Einschränkung s.o.

Aber auf fremden Grund? Wenn ich zu meinem Nachbarn gehe und in dessen Garten ein Loch grabe, habe ich ein Problem. Aber wenn ich's im Wald mache oder sonstwo in der uneingezäunten Botanik, da geht das so ohne weiteres? Müsste man sich nicht eigentlich immer und überall die Genehmigung des Grundstückseigentümers einhohlen? Zwar nicht unbedingt zum Betreten, hier können Sonderregeln greifen (zB bayerische Verfassung), aber graben ist doch eigentlich ohne Genehmigung immer rein juristisch ein Problem, oder?

H
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Re: TV-Werbesendung für Raubgräber

Beitragvon RSch » 22.01.2012 14:48

Nebenbei: Es gibt kein Recht, journalistische Beiträge vorher gegenzulesen. Man kann allenfalls darum bitten.
Es hilft auch nicht, dem Publikum gegenüber mit Gesetzestexten zu winken, die wirken nur, wenn Sie auch als berechtigt empfunden werden. Und genau bei diesen Erklärungen sind alle gefragt, die sich ernsthaft für Archäologie interessieren, nicht nur die Ämter. Leider gibt es da erhebliche Defizite, da man (das schließt häufig leider auch die Profis mit ein) allzuleicht nur die Freude am Fund transportiert.

Grüße

RS
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